Markus 4,11.12

Markus 4,11.12

„Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen draußen aber widerfährt es alles in Gleichnissen, auf dass sie mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.“

Einige haben diesen Text derart interpretiert, dass Christus die Absicht hatte, eine bestimmte Klasse in ihrem Wunsch nach Bekehrung zu behindern. Die widerspricht jedoch den vielfältigen Worten der Einladung: „Alles, was mir der Vater gibt, das kommt zu mir; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ (Johannes 6,37) „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11,28) „Der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme; wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ (Offenbarung 22,17) „Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten; sondern er hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße finde.“ (2. Petrus 3,9) „welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1. Timotheus 2,4) Offensichtlich hatte Christus nicht die Absicht, irgendeine Wahrheit zu verbergen, die eine Seele zur Buße und Bekehrung führen würde. Die Bedeutung wird völlig klar, wenn wir den parallelen Bericht im Matthäus-Evangelium lesen. Jesus gibt den Grund an, warum sie nicht hören und nicht sehen. „Denn das Herz dieses Volkes ist verfettet, und mit ihren Ohren hören sie schwer, und ihre Augen haben sie geschlossen, auf dass sie nicht mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, dass ich sie heile.“ (Matthäus 13,15) Der willkürliche Akt des Nicht-Sehens geht also nicht von Gott aus, sondern von den Menschen. Sacharja erklärt: „Sie aber weigerten sich aufzumerken und kehrten mir störrisch den Rücken zu und verstopften ihre Ohren, dass sie nicht hörten, machten ihre Herzen hart wie Diamant, damit sie nicht hörten das Gesetz und die Worte, die der HERR Zebaoth durch seinen Geist sandte durch die früheren Propheten.“ (Sacharja 7,11.12).

Christus wollte die Wahrheit nicht vor denen verbergen, deren geistige Wahrnehmung abgestumpft war, sondern vielmehr ihre Abstumpfung des Verstandes und des Herzens durchdringen, in der Hoffnung, eine Fähigkeit zu schaffen, mehr Wahrheit aufzunehmen (vgl. Lukas 8,16). Christus kam in diese Welt, um Zeugnis von der Wahrheit zu geben, nicht um sie zu verdunkeln (vgl. Johannes 18,37). Der Grund, warum einige keine Frucht bringen, liegt nicht im Sämann oder im Samen, sondern im Boden (siehe Matthäus 13,3).
„auf dass sie mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen“ Obwohl diese Menschen zu sehen scheinen und meinen, dass sie sehen, sehen sie in Wirklichkeit überhaupt nicht. Weil sie sagen: „Wir sehen“, während sie in Wirklichkeit blind sind, bleibt ihre „Sünde“ (Johannes 9,41). Sie sind absichtlich blind (vgl. Hosea 4,6). Ihre Wahrnehmung ist, wie die der Hörer am Wegesrand, oberflächlich (siehe Matthäus 13,4.5). Die natürliche Sicht wird nicht von einer entsprechenden geistlichen Einsicht und Demut begleitet. Die Pharisäer erkannten den Sinn der Gleichnisse Christi, taten aber so, als ob sie ihn nicht verstünden. Sie verleugneten die deutlichsten Worte Christi, weil sie sie nicht annehmen wollten, und deshalb war ihre Schuld größer als die der anderen. Sie verblendeten absichtlich die Augen ihrer Seelen und schlossen sich in der Finsternis ein. Es war nicht Gottes Wille, dass irgendjemand in diesem Zustand sein sollte oder dass irgendjemand nicht verstehen und sich bekehren sollte. Der Zustand der jüdischen Führer war die natürliche Folge ihres eigenen Verhaltens und ihrer Lebensweise. Wie das Gleichnis vom Sämann zeigt, war es auch das Werk des Satans (siehe Matthäus 13,4). In Wirklichkeit ist er es, der „den Sinn verblendet hat, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi“ hat (2. Korinther 4,4). Es ist nicht das Licht des Himmels, das die Augen der Menschen blendet, sondern die Finsternis (vgl. 1. Johannes 2,11). Anhaltende Dunkelheit hindert die Augen oft daran, in der Gegenwart von Licht richtig zu funktionieren; tatsächlich neigen Augen, die an Dunkelheit gewöhnt sind, dazu, Licht zu meiden.

In der ersten Zeit seiner Verkündigung hatte Christus zu den Menschen in so einfacher und klarer Weise gesprochen, dass eigentlich jeder die Wahrheit, die zur Erlösung führt, hätte erfassen müssen. Aber in vielen Herzen konnte die Botschaft dennoch keine Wurzeln schlagen und geriet schnell wieder in Vergessenheit. „Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen“, sagte Jesus. „Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht … Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt: ihre Ohren hören schwer, und ihre Augen sind geschlossen.“ (Matthäus 13,13.15) Jesus wollte die Menschen zu selbstständigem Fragen und Nachdenken anregen; er versuchte alle, die gedankenlos in den Tag hineinlebten, aufzurütteln und ihr Herz der Wahrheit zu öffnen. In Gleichnissen zu reden war damals beliebt und trug unweigerlich dazu bei, die Aufmerksamkeit und Wertschätzung der Zuhörer zu gewinnen – nicht nur bei den Juden, sondern auch bei anderen Völkern. Jesus hätte damals keine wirkungsvollere Lehrmethode wählen können. Wer unter seinen Zuhörern den aufrichtigen Wunsch nach geistlicher Erkenntnis hatte, der konnte seine Worte auch verstehen; Jesus war ja immer gern bereit, dem ehrlich Fragenden eine Antwort zu geben. Die Pharisäer zur Zeit Christi verschlossen Augen und Ohren, um nicht sehen und hören zu müssen; deshalb konnte die Wahrheit ihr Herz nicht erreichen. Sie mussten die Strafe für ihre vorsätzliche Unwissenheit und selbstverschuldete Blindheit erleiden. Christus lehrte seine Jünger dagegen, gern zu lernen und zu glauben. Er pries sie selig, weil sie mit gläubigen Augen und Ohren sahen und hörten. Die Erkenntnis der Wahrheit ist weniger eine Frage der Intelligenz als vielmehr der Aufrichtigkeit und des einfachen vertrauensvollen Glaubens. Wer demütig um göttliche Führung bittet, dem helfen die Engel des Herrn, und der Heilige Geist enthüllt ihm die reichen Schätze der Wahrheit. Solche Hörer bewahren das Wort in ihrem Herzen. Satan und sein Heer können es ihnen nicht wieder entreißen. Wer sich selbst für klug hält, wer aufgeblasen ist von den Lehren eitler Menschenweisheit, kann die Schönheit, die Kraft und das Geheimnis des Erlösungsplanes nicht erkennen. Viele haben Augen und sehen nicht, Ohren und hören nicht, Verstand und erkennen doch nicht die verborgenen Schätze der Wahrheit.

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