Matthäus 5,19

Matthäus 5,19

„Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich.“

Dieser Text bedeutet nicht, dass Menschen, die Gottes Gebote brechen, in den Himmel kommen, aber eine untergeordnete Stellung einnehmen werden. Jesus macht hier deutlich, wie das Reich Gottes diejenigen ansieht, die das geringste Gebot brechen oder andere lehren, es zu tun. Sie werden als völlig
der Erlösung unwürdig angesehen. Sie werden von den himmlischen Wesen als die Niedrigsten der Niedrigen betrachtet.

„Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst“. (Gr. luō, „lösen“ von Geboten, „brechen“, „aufheben“, „annullieren“ / Kataluō, „zerstören“ (5,17), ist eine stärkere Form desselben Wortes.) Mit der Verwendung der schwächeren Form, luō, wollte Christus vielleicht zeigen, dass selbst eine begrenzte Lockerung der Gebote den Ruf des „Geringsten im Reich“ rechtfertigt.
„von diesen kleinsten Geboten“ Die Schriftgelehrten hatten alle Gebote des Gesetzes Gottes, die mosaischen Zivil- und Zeremonialgesetze und ihre eigenen Vorschriften akribisch in eine Skala relativer Wichtigkeit eingeordnet, in der Annahme, dass im Konfliktfall eine Anforderung von geringerer Wichtigkeit durch eine von vermutlich größerer Wichtigkeit außer Kraft gesetzt würde. Mit Hilfe dieser kleinlichen Gesetzlichkeit war es möglich, Mittel und Wege zu finden, um die klarsten Anforderungen des Gesetzes Gottes zu umgehen. Beispiele für die Anwendung dieses Prinzips finden sich in Matthäus 23,4. 14.17-19.23.24; Markus 7,7-13; Johannes 7,23. Es wurde als rabbinisches Vorrecht angesehen, bestimmte Handlungen für „erlaubt“ oder „verboten“ zu erklären. Jesus machte deutlich, dass er die Menschen keineswegs von den Vorschriften des Sittengesetzes befreite, sondern sogar strenger war als die offiziellen Ausleger des Gesetzes, die Schriftgelehrten und Rabbiner, denn er gewährte zu keiner Zeit Ausnahmen. Alle waren gleichermaßen und dauerhaft verbindlich.
„und lehrt die Leute so“ Vergleiche das Beispiel Jerobeams, der sündigte und Israel zur Sünde verführte“ (1. Könige 14,16).

„der wird der Kleinste heißen im Himmelreich“ Das heißt, er wird als der am wenigsten Würdige angesehen. Christus deutete keineswegs an, dass jemand, der die Gebote brach und andere lehrte, dies zu tun, in den Himmel kommen würde. Er sagt hier ganz klar, wie das Reich Gottes sich gegenüber Gesetzesbrechern verhalten wird – die Bewertung, die ihrem Charakter auferlegt wird. Dieser Punkt wird in V. 20 deutlich gemacht, wo die „Schriftgelehrten und Pharisäer“, die die Gebote brachen und andere lehrten, wie sie es tun könnten, ausdrücklich vom Reich ausgeschlossen werden:„so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen“. Er wird der Kleinste heißen im Himmelreich bedeutet, dass er dort keine Stätte finden wird. Denn wer mutwillig ein Gebot übertritt, bricht sie dem Geiste und der Wahrheit nach allesamt. „So jemand das ganze Gesetz hält und sündiget an einem, der ist am ganzen schuldig.“ (Jakobus 2,10) Nicht die Größe einer Tat des Ungehorsams macht die Sünde aus, vielmehr jede Handlung, die, sei es auch im geringsten, vom ausdrücklichen Willen Gottes abweicht. Eine solche lässt nämlich erkennen, dass der Mensch noch immer an die Sünde gebunden ist. Das Herz dient zwei Herren. Und das ist tatsächlich eine Verleugnung Gottes, Auflehnung gegen die Gesetze seiner Herrschaft. Stünde es den Menschen frei, von den Geboten des Herrn abzuweichen und das Maß ihrer Pflichten selbst zu bestimmen, dann würde es so viele Gesetze wie Sinne geben, und Gott hätte keine Möglichkeit mehr, diese Menschen zu regieren. Menschenwille wäre maßgebend, und Gottes Wille, seine Liebesabsicht mit seinen Geschöpfen, würde entehrt und verachtet werden. Sobald der Mensch seinen eigenen Weg wählt, macht er sich zum Gegner Gottes. Er hat keinen Raum mehr im Königreich der Himmel, steht er doch im Widerspruch zu den himmlischen Geboten. Wer den Willen Gottes verachtet, stellt sich auf die Seite des Teufels, des Feindes Gottes und der Menschen. Weder durch irgendein Wort noch durch ihrer viele, sondern durch jedes Wort, das aus dem Munde Gottes geht, soll der Mensch leben. Wir können nicht ohne Gefahr selbst über das unscheinbarste Gotteswort achtlos hinweggehen. Es gibt nicht ein einziges Gebot im Gesetz, das nicht auf Wohlfahrt und Glück des Menschen abzielte, sowohl für dieses als auch für das zukünftige Leben. Wenn der Mensch das Gesetz Gottes befolgt, ist er wie mit Festungsmauern umgeben und bleibt vor dem Bösen bewahrt. Wer jedoch diesen göttlichen Schutzwall auch nur an einer Stelle einreißt, hat dem Feinde den Weg geöffnet, dass er einsteigen, verwüsten und verderben kann. Als unsere ersten Eltern es wagten, den Willen Gottes in einer einzigen Hinsicht zu übergehen, öffneten sie der Welt die Schleusen des Unheils. Jeder, der ihrem Beispiel folgt, wird ähnliche Folgen zu tragen haben. Jedes Gebot des Gesetzes Gottes ist auf dem Grundstein der Liebe errichtet, und wer von den Geboten weicht, stürzt sich ins Unglück und führt seinen eigenen Untergang herbei.

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