Hesekiel 16,11-13
„Ich schmückte dich mit Kleinoden und legte Spangen an deine Arme und eine Kette um deinen Hals und gab dir einen Ring an deine Nase und Ohrringe an deine Ohren und eine schöne Krone auf dein Haupt. So warst du geschmückt mit Gold und Silber und gekleidet mit kostbarem Leinen, Seide und bunten Kleidern. Du aßest feinstes Mehl, Honig und Öl und wurdest überaus schön und kamst zu königlichen Ehren.“
Sollte man in dieser Passage eine Genehmigung für den heutigen Luxus finden, denn war es nicht Gott selbst, der diese Magd so üppig geschmückt hat? Die Antwort lautet: Nein. Erstens ist die Begebenheit bildlich gemeint, und die Bilder sind einer zeitgenössischen Situation entlehnt. Eine parallele Situation ist die, in der Jesus das Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus anwendet, in dessen Mittelpunkt ein völlig falsches Dogma über den Zwischenzustand steht. Darüber hinaus werden Dinge, die unter dem geringeren Licht des Alten Testaments gebilligt oder zumindest erlaubt waren, unter dem größeren Licht des Evangeliums oft nicht mehr gebilligt. Typische Beispiele sind Polygamie und Scheidung (siehe 5. Mose 14,26). Schmuck und extravagante Kleidung für christliche Frauen werden abgelehnt (vgl. 1. Timotheus 2,9.10; 1 Petrus 3,3.4). Es handelt sich in Hesekiel 16 nicht um eine wörtliche Erfahrung, sondern eine Symbolsprache. In Vers 3 beginnt Gott mit der Aufzählung einer bewegenden Allegorie über sein Volk Israel. Er schildert, wie Israel unehelich geboren und zum Sterben auf ein Feld geworfen wird. Keiner wusch das Kind und kümmerte sich darum. Dann kam Gott vorbei und offenbarte dem Kind seine überschwengliche Liebe. Er bedeckte seine Blöße und wusch seinen Dreck weg. Er schenkte ihm Zuwendung und jeden möglichen Segen. Bei der Darstellung der materiellen und geistigen Segnungen, die er Israel zuteil werden ließ, verwendete Gott eine Reihe von Symbolen, die von anderen Bibelschreibern klar gedeutet werden. Das „kostbare Leinen“ aus Vers 10 wird z.B. in Offenbarung 19,8 definiert: „Das feine Leinen ist die Gerechtigkeit der Heiligen.“ Die Schmuckstücke und Kette aus Vers 11 werden in Sprüche 1,9 als „Schmuck des Gehorsams“ gedeutet. Die Ringe und Krone in Vers 12 sind ein Symbol für „Lippen der Erkenntnis“ (Sprüche 20,15) bzw. die „Krone der Freude“ (1. Thessalonicher 2,19). Alle Darstellungen von höchster Ehre, Anerkennung, Reichtum, und Schönheit wurden in die Allegorie aufgenommen, um die unvergleichlichen Segnungen zu zeigen, die Israel als Nation erhalten hatte. Die symbolischen Ausschmückungen dieses Gleichnisses schwächen in keiner Weise die Bedeutung der Texte ab, welche die tatsächliche Zurschaustellung solcher Eitelkeiten am physischen Körper verbieten.