Auf dem Laubhüttenfest
Johannes 7,1-15.37-39
Dreimal im Jahr wurde von den Juden verlangt, sich zu religiösen Zwecken in Jerusalem zu versammeln. Der unsichtbare, von der Wolkensäule umhüllte Führer Israels hatte ihnen die Anweisungen bezüglich dieser Treffen gegeben (vgl. 2. Mose 23,14-17; 3. Mose 23; 5. Mose 16,1-17). Während der babylonischen Gefangenschaft konnten diese Zusammenkünfte nicht abgehalten werden. Nachdem die Juden aber in ihr Heimatland zurückgekehrt waren, begannen sie diese Gedenktage wieder einzuhalten. Gott wollte, dass diese jährlichen Feste dem Volk halfen, sich an ihn zu erinnern. Doch mit wenigen Ausnahmen hatten die Priester und Führer der Nation deren Sinn aus den Augen verloren. Er, der diese nationalen Versammlungen angeordnet hatte und deren Bedeutung kannte, wurde nun Zeuge ihrer Entstellung.
Das Laubhüttenfest war das letzte der jährlichen Feste. Gott wollte, dass diese Zeit vom Volk dazu genutzt wird, um über seine Güte und Barmherzigkeit nachzudenken. Das ganze Land hatte unter seiner Führung gestanden und reichen Segen empfangen. Tag und Nacht hatte er ohne Unterlass darüber gewacht. Sonne und Regen hatten die Erde ihre Früchte hervorbringen lassen. Aus den Tälern und Ebenen von Palästina war die Ernte eingebracht worden. Die Oliven waren gepflückt, und das kostbare Öl war in Schläuche gefüllt. Die Dattelpalme hatte in reicher Fülle Frucht getragen, und die dunklen Weintrauben waren gekeltert. Das Fest dauerte sieben Tage. Die Bewohner von Palästina und viele Juden aus den umliegenden Ländern verließen ihre Häuser und strömten zu diesen Feierlichkeiten nach Jerusalem. Sie kamen von nah und fern und trugen Zeichen der Freude in ihren Händen. Alt und Jung, Arm und Reich – sie alle brachten Gaben aus Dankbarkeit dem gegenüber, der das Jahr mit seiner Güte gekrönt und eine reiche Ernte hatte wachsen lassen (vgl. Psalm 65,12 Elb.). Alles, was dem Auge gefiel und der allgemeinen Freude Ausdruck geben konnte, wurde aus den Wäldern gebracht, sodass es schien, als wäre die Stadt ein wunderschöner Wald. Dieses Fest war nicht nur eine Erntedankfeier, die Israeliten erinnerten sich auch an die bewahrende Fürsorge Gottes während ihrer Wanderung durch die Wüste. Im Rückblick auf das Leben in Zelten, wohnten sie während des Festes in Hütten oder Unterkünften aus grünen Zweigen und Ästen. Diese wurden auf Straßen, in den Tempelvorhöfen oder auf Hausdächern errichtet. Auch die Hügel und Täler, die Jerusalem umgaben, waren mit »Laubhütten« bedeckt und schienen von Menschen zu wimmeln. Die Versammelten feierten dieses Fest mit geistlichen Liedern und Danksagung. Kurze Zeit vor dem Fest hatte der Große Versöhnungstag stattgefunden, an dem den Menschen – nachdem sie ihre Sünden bekannt hatten – verkündet wurde, dass sie nun mit dem Himmel versöhnt waren. Dadurch wurde der Weg für das Freudenfest frei gemacht. »Danket dem Herrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich« (Psalm 106,1), ertönte es triumphierend. Gleichzeitig hörte man alle möglichen Klänge, vermischt mit Hosianna-Rufen, die den gemeinsamen Gesang begleiteten. Mittelpunkt der allgemeinen Freude war der Tempel. Hier fanden die prachtvollen Opferzeremonien statt. Auf beiden Seiten der weißen Marmortreppe des heiligen Gebäudes stand der Chor der Leviten und führte den Gesang an. Scharen von Gläubigen schwenkten ihre Palm und Myrtenzweige, schlossen sich dem Chor an und wiederholten den Kehrreim. Nah und fern stimmten die Menschen in das Lied ein, bis der Lobgesang von den umliegenden Hügeln widerhallte. Nachts erstrahlten der Tempel und dessen Vorhöfe in künstlichem Licht. Die Musik, das Wedeln der Palmzweige, die freudigen Hosianna-Rufe, die vielen Anwesenden, über welche sich das Licht der hängenden Lampen ergoss, die Gewänder der Priester und die Pracht der Zeremonien beeindruckten die Zuschauer tief. Doch die eindrücklichste Festhandlung, die den größten Jubel auslöste, war der Augenblick, wenn man eines Ereignisses gedachte, das sich auf der Wüstenwanderung zugetragen hatte. Im Morgengrauen stießen die Priester mit ihren silbernen Trompeten einen langen und lauten Ton aus, worauf andere Trompeten antworteten. Vermischt mit den Jubelrufen, die aus den Hütten der Menschen drangen, hallten die Klänge von Berg und Tal wider und hießen den festlichen Tag willkommen. Dann schöpfte der Priester mit einer Kanne Wasser aus dem Bach Kidron und stieg unter dem Schall der Trompeten mit erhobener Kanne die breiten Stufen des Tempels hinauf. Langsam und in gleichmäßigem Schritt bewegte er sich zum Takt der Musik vorwärts. Dazu sang er die Psalmworte: »Nun stehen unsere Füße in deinen Toren, Jerusalem.« (Psalm 122,2) Der Priester trug die Kanne zum Altar, der sich in der Mitte des Vorhofes der Priester befand. Auf diesem Altar waren zwei silberne Schalen, vor denen jeweils ein Priester stand. Das Wasser der Kanne wurde in eine der Schalen geleert, in die andere gossen sie eine Kanne Wein. Von dort aus flossen Wasser und Wein durch eine Röhre in den Bach Kidron und gelangten so ins Tote Meer. Dieses Ritual mit dem geweihten Wasser stellte die Quelle dar, die auf Gottes Befehl hin aus dem Felsen schoss, um den Durst der Kinder Israels zu löschen (vgl. 2. Mose 17,6). Anschließend erhoben sich unter großem Jubel die Stimmen der Versammelten: »Meine Stärke und mein Lied ist der Herr … Ihr werdet Wasser schöpfen voll Freude aus den Quellen des Heils.« (Jesaja 12,2b.3 EÜ)
Als nun die Söhne Josefs ihre Vorbereitungen trafen, um am Laubhüttenfest teilzunehmen, stellten sie fest, dass Jesus nichts tat, was darauf hinwies, dass er das Fest besuchen wollte. Sie beobachteten ihn besorgt. Seit der Heilung am Teich Betesda hatte er keines der großen nationalen Feste mehr besucht. Um unnötigen Auseinandersetzungen mit den Obersten in Jerusalem aus dem Weg zu gehen, hatte er seine Arbeit auf Galiläa beschränkt. Seine offensichtliche Vernachlässigung der großen religiösen Versammlungen und die ihm gegenüber zum Ausdruck gebrachte Feindschaft der Priester und Rabbiner waren der Grund für die Ratlosigkeit der Leute, mit denen er zu tun hatte. Selbst seine Jünger und Verwandten verstanden ihn nicht. In seinen Unterweisungen hatte er immer wieder auf die Segnungen hingewiesen, die der Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes mit sich bringt. Nun schien es so, als wären ihm die von Gott selbst eingesetzten Gottesdienste gleichgültig geworden. Sein Umgang mit Zöllnern und anderen verachteten Menschen, seine Nichtbeachtung der rabbinischen Bräuche sowie die Freiheit, mit der er die herkömmlichen Sabbatvorschriften überging, brachten ihm die Feindseligkeit der religiösen Führung ein und boten Anlass zu vielen Fragen. Seine Brüder hielten es für einen Fehler, die großen und gelehrten Männer des Volkes zu verärgern. Sie glaubten, diese Männer müssten doch im Recht sein, und es sei falsch, dass sich Jesus ihnen widersetzte. Andererseits waren sie Zeugen seines makellosen Lebens. Obwohl sie sich nicht zu seinen Jüngern zählten, waren sie von seinem Wirken doch tief beeindruckt. Seine Beliebtheit in Galiläa befriedigte ihren Ehrgeiz. Sie hofften immer noch, er werde seine Macht beweisen, damit die Pharisäer sehen könnten, dass Jesus der war, für den er sich ausgab. Was, wenn er tatsächlich der Messias, der Fürst Israels, war? Diese Vorstellung erfüllte sie mit stolzer Genugtuung. Dies alles machte sie unruhig, sodass sie Christus drängten, nach Jerusalem zu gehen. »Geh von hier fort und zieh nach Judäa, damit auch deine Jünger die Werke sehen, die du vollbringst. Denn niemand wirkt im Verborgenen, wenn er öffentlich bekannt sein möchte. Wenn du dies tust, zeig dich der Welt!« (Johannes 7,3b.4 EÜ) Das »wenn« drückte Zweifel und Unglauben aus. Seine Brüder hielten ihn für feige und schwach. Wenn er davon überzeugt war, der Messias zu sein, warum war er dann so seltsam zurückhaltend und tatenlos? Wenn er wirklich solche Macht besaß, warum ging er dann nicht mutig nach Jerusalem, um seine Ansprüche geltend zu machen? Warum vollbrachte er nicht auch in Jerusalem solch wunderbare Werke, wie sie von ihm aus Galiläa berichtet wurden? Sie forderten ihn auf, sich nicht in abgelegenen Provinzen zu verstecken, wo nur ungebildete Bauern und Fischer aus seinen machtvollen Taten Nutzen ziehen konnten. Er solle sich in der Hauptstadt zeigen, wo er die Unterstützung der Priester und des Hohen Rates gewinnen und die Nation durch die Schaffung des neuen Königreichs einigen könnte. Diese Brüder urteilten aus einem selbstsüchtigen Beweggrund, der so oft in den Herzen jener gefunden wird, die darauf bedacht sind, sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Dieser Geist beherrscht die Welt. Die Brüder nahmen es Jesus übel, dass er sich – anstatt nach einem weltlichen Thron zu streben – als das Brot des Lebens bezeichnete. Sie waren auch sehr enttäuscht, als ihn so viele seiner Jünger verließen. So wandten auch sie sich von ihm ab, um der Schmach zu entgehen, das anzuerkennen, was seine Taten offenbarten, nämlich dass er der Gesandte Gottes war. »Da spricht Jesus zu ihnen: Meine Zeit ist noch nicht da, aber eure Zeit ist immer bereit. Die Welt kann euch nicht hassen, mich aber hasst sie; denn ich bezeuge von ihr, dass ihre Werke böse sind. Geht ihr hinauf zu diesem Fest; ich gehe noch nicht zu diesem Fest hinauf, denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt. Und als er dies zu ihnen gesagt hatte, blieb er in Galiläa.« (Johannes 7,6-9 Schl.) Seine Brüder hatten in gebieterischem Ton mit ihm geredet und ihm vorgeschrieben, welchen Weg er einschlagen sollte. Er gab ihren Vorwurf an sie zurück, indem er sie nicht mit seinen sich selbstverleugnenden Jüngern verglich, sondern mit der Welt gleichsetzte. »Die Welt kann euch nicht hassen«, sagte er. »Mich aber hasst sie, denn ich bezeuge von ihr, dass ihre Werke böse sind.« (Johannes 7,7 Schl.) Die Welt hasst nicht jene, die mit ihr eines Geistes sind, sondern liebt sie als ihr Eigentum. Für Jesus war die Welt kein Ort der Bequemlichkeit oder der Selbstverherrlichung. Er wartete auch nicht auf eine Gelegenheit, um ihre Macht und Herrlichkeit in Besitz zu nehmen. Sie hatte ihm keinen solchen Gewinn zu bieten. Die Erde war der Ort, an den ihn sein Vater gesandt hatte. Um den großen Erlösungsplan auszuführen, wurde er für die Welt dahingegeben, damit sie leben möge. Nun war er im Begriff, sein Werk für die gefallene Menschheit zu vollenden. Doch er durfte nicht überheblich sein und sich in Gefahr bringen oder irgendeine Krise vorzeitig auslösen. Während seines Wirkens geschah alles zu seiner Zeit, und er musste geduldig warten. Er wusste, dass er von der Welt gehasst wird und sein Auftrag mit seinem Tod enden würde. Doch es war nicht der Wille seines Vaters, dass er sich dem vorzeitig aussetzte. Die Berichte über die Wunder von Jesus hatten sich von Jerusalem aus überall dorthin verbreitet, wo die Juden in der Zerstreuung lebten. Und obwohl er viele Monate lang nicht mehr an den religiösen Festen teilgenommen hatte, war das Interesse ihm gegenüber nicht weniger geworden. In der Hoffnung, Jesus zu sehen, waren viele Menschen aus allen Landesteilen zum Laubhüttenfest gekommen. Schon zu Beginn des Festes suchten viele nach ihm. Auch die Pharisäer und die religiösen Führer erwarteten ihn und hofften auf eine Gelegenheit, ihn verurteilen zu können. Eifrig erkundigten sie sich: »Wo ist er?« (Johannes 7,11b) Aber niemand wusste es. Alle beschäftigten sich in Gedanken mit ihm. Aus Furcht vor den Priestern und Obersten wagte es niemand, ihn als Messias anzuerkennen. Doch überall unterhielt man sich leise und doch ernsthaft über ihn. Viele verteidigten ihn als den von Gott Gesandten, während andere ihn als Volksbetrüger brandmarkten.
Unterdessen war Jesus unbemerkt in Jerusalem angekommen. Er hatte eine wenig begangene Route gewählt, um den Reisenden auszuweichen, die aus allen Himmelsrichtungen in die Stadt strömten. Hätte er sich einer Karawane angeschlossen, wäre die Öffentlichkeit bei seinem Einzug in die Stadt auf ihn aufmerksam geworden. Bei einer Volkskundgebung zu seinen Gunsten hätte sich die Obrigkeit gegen ihn gewandt. Um dies zu vermeiden, hatte er sich entschlossen, allein nach Jerusalem hinaufzuziehen. Mitten in der Festwoche, als die Aufregung um Jesus ihren Höhepunkt erreicht hatte, betrat er in Gegenwart der großen Menge den Tempelvorhof. Weil er nicht zum Fest erschienen war, wurde behauptet, er wage sich nicht in den Machtbereich der Priester und Obersten. Alle waren überrascht und verstummten, als sie ihn sahen. Sie wunderten sich über seine Erhabenheit und seinen Mut, den mächtigen Feinden, die ihm nach dem Leben trachteten, gegenüberzutreten. Jesus stand da, als Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit in dieser riesigen Menschenmenge, und redete zu ihnen, wie dies vorher noch nie ein Mensch getan hatte. Seine Worte offenbarten eine Kenntnis des Gesetzes, der Ordnungen Israels, des Opferdienstes und der Lehren der Propheten, welche die der Priester und Rabbiner weit übertraf. Er durchbrach die Schranken des Formalismus und der Tradition. Eine hoffnungsvolle Zukunft schien vor ihm zu liegen. Er sprach wie einer, der das Unsichtbare geschaut hatte. Er redete mit großer Vollmacht über Irdisches und Himmlisches, Menschliches und Göttliches. Seine Worte waren klar und überzeugend. Und wieder, wie in Kapernaum, »waren die Leute von seiner Lehre überwältigt, denn er sprach mit Vollmacht« (Lukas 4,32 NLB). Auf vielfältige und anschauliche Weise warnte er seine Zuhörer vor dem Unheil, das über sie kommen würde, wenn sie die Segnungen, die zu bringen er gekommen war, ablehnten. Er hatte ihnen jeden möglichen Beweis dafür geliefert, dass er von Gott gesandt war, und jede mögliche Anstrengung unternommen, um sie zur Umkehr zu bewegen. Er wäre nicht von seiner eigenen Nation verworfen und umgebracht worden, wenn er sie vor der Schuld einer solchen Tat hätte bewahren können. Alle wunderten sich über seine Kenntnisse des Gesetzes und der Propheten und fragten sich: »Woher weiß er das alles, er hat doch die Schrift nicht studiert wie wir?« (Johannes 7,15 NLB) Nur wer in den rabbinischen Schulen studiert hatte, konnte sich als Religionslehrer ausweisen. Darum waren sowohl Jesus als auch Johannes der Täufer als Unkundige hingestellt worden, weil sie diese Ausbildung nicht erhalten hatten. Wer sie aber hörte, war über ihre Schriftkenntnisse erstaunt, denn sie hatten »nicht studiert«. Gewiss, Menschen waren nicht ihre Lehrer gewesen, aber Gott im Himmel hatte sie beide gelehrt. Von ihm hatten sie die höchste Weisheit empfangen. Als Jesus im Vorhof des Tempels sprach, hörten ihm die Menschen wie gebannt zu. Gerade seine schärfsten Gegner fühlten sich nicht in der Lage, ihm Schaden zuzufügen. Für den Augenblick war alles andere vergessen.
Jesus lehrte die Menschen nun täglich, bis zum »letzten Festtag, dem Höhepunkt des ganzen Festes« (Johannes 7,37a GNB). An jenem Morgen, als die Menschen von den langen Festlichkeiten schon ermüdet waren, erhob Jesus plötzlich seine Stimme, sodass sie durch die Vorhöfe des Tempels drang. Er rief: »Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken! Wer an mich glaubt, aus dessen Innerem werden Ströme lebendigen Wassers fließen, wie es in der Schrift heißt.« (Johannes 7,37b.38 NLB) Die Menschen befanden sich in einer Verfassung, in der sie dieser Aufruf überwältigte. Der Glanz der anhaltenden Festlichkeiten hatte sie völlig in Beschlag genommen. Ihre Augen waren von all dem Licht und den Farben geblendet und ihre Ohren mit feinster Musik verwöhnt worden. Aber in all den Zeremonien fand sich nichts, was das Verlangen der Seele und den Durst der Menschen nach Unvergänglichem gestillt hätte. Jesus lud sie ein, zu ihm zu kommen und aus dem Lebensbrunnen Wasser zu schöpfen, das in ihnen »zu einer nie versiegenden Quelle, die unaufhörlich bis ins ewige Leben fließt« (Johannes 4,14b NLB), werden würde. Gerade an jenem Morgen hatten die Priester die Feierlichkeiten zum Gedenken an das Schlagen des Felsens in der Wüste abgehalten (vgl. 2. Mose 17,6). Dieser Fels deutete auf Christus hin (vgl. 1. Korinther 10,4). Durch seinen Tod würden lebendige Ströme des Heils hervorbrechen, und alle Durstigen könnten davon trinken. Die Worte von Christus waren das Wasser des Lebens. Dort, in Gegenwart der versammelten Menge, gab er sich selbst hin, um geschlagen und getötet zu werden, damit das Wasser des Lebens in die Welt fließen konnte. Satan dachte, dass er den Fürsten des Lebens vernichten könnte, wenn er Jesus schlagen würde. Aber aus dem geschlagenen Felsen brach lebendiges Wasser hervor. Als Jesus so zu den Versammelten sprach, wurden ihre Herzen von einer seltsamen Ehrfurcht ergriffen. Viele waren bereit, mit der Samariterin auszurufen: »Herr, gib mir von diesem Wasser … dann werde ich keinen Durst mehr haben.« (Johannes 4,15a GNB) Jesus kennt die Bedürfnisse der Menschen. Weder Pracht noch Reichtum und Ehre können die Sehnsucht des Herzens stillen. »Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen!« (Johannes 7,37b NLB) Reiche, Arme, Hohe und Niedrige sind gleichermaßen willkommen. Er verspricht, die Last von der Seele zu nehmen, die Traurigen zu trösten und den Verzweifelten Hoffnung zu schenken. Viele, die Jesus zuhörten, klagten über enttäuschte Hoffnungen oder hegten einen geheimen Kummer. Andere versuchten, ihre ruhelose Sehnsucht durch weltliche Dinge und menschliche Ehre zu stillen. Doch wenn diese Ziele erreicht waren, wurde ihnen bewusst, dass sie sich abgemüht hatten, um schließlich doch nur eine »rissige Zisterne« vorzufinden (vgl. Jeremia 2,13), die ihren Durst nicht löschen konnte. So standen sie unzufrieden und traurig mitten im Glanz des fröhlichen Festes. Der plötzliche Aufruf: »Wenn jemand Durst hat«, schreckte sie aus ihrem sorgenvollen Grübeln auf. Als sie die folgenden Worte hörten, fingen sie in ihrem Innersten wieder zu hoffen an. Durch das Wirken des Heiligen Geistes erkannten sie in der symbolischen Handlung das Angebot des unbezahlbaren Geschenks der Erlösung. Der Aufruf von Christus an alle durstigen Menschen ertönt auch heute und klingt noch eindringlicher als am letzten Tag des Festes im Tempel. Der Brunnen mit dem lebendigen Wasser steht allen zur Verfügung, und den Müden und Kraftlosen wird der erfrischende Trank des ewigen Lebens angeboten. Jesus ruft noch immer: »Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken!« (Johannes 7,37b NLB) – »Wer durstig ist, der komme. Wer will, soll kommen und umsonst vom Wasser des Lebens trinken!« (Offenbarung 22,17b NLB) – »Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, der wird niemals mehr Durst haben. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer nie versiegenden Quelle, die unaufhörlich bis ins ewige Leben fließt.« (Johannes 4,14 NLB)