Johannes 20,23
„Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“
Jesus spricht hier zu den Jüngern als Vertretern seiner Gemeinde auf Erden, der er in ihrer Eigenschaft als Körperschaft die Verantwortung übertragen hat, sich um die geistlichen Interessen und Bedürfnisse ihrer einzelnen Mitglieder zu kümmern. Jesus hatte ihnen bereits ausführlich erklärt, wie sie mit irrenden Gliedern umgehen sollten, zuerst persönlich (siehe Matthäus 18,1-15.21-35) und dann mit der Autorität der Gemeinde (siehe Matthäus 18,16-20). Jetzt wiederholt er den Rat, den er bei dieser Gelegenheit gegeben hat. Die Gemeinde soll sich treu um die Wiederherstellung ihrer irrenden Glieder bemühen und sie ermutigen, Buße zu tun und sich von ihren bösen Wegen abzuwenden. Wenn es Beweise dafür gibt, dass die Dinge mit Gott und den Menschen in Ordnung gebracht worden sind, soll die Gemeinde die Reue als echt anerkennen, den Irrenden von den gegen ihn erhobenen Anklagen befreien – seine „Sünden“ erlassen – und ihn wieder in die volle Gemeinschaft aufnehmen. Ein solcher Sündenerlass wird im Himmel ratifiziert; tatsächlich hat Gott den Reumütigen bereits angenommen und begnadigt (siehe Lukas 15,1-7). Die Heilige Schrift lehrt jedoch ausdrücklich, dass das Bekenntnis der Sünde und die Reue darüber direkt vor dem Thron der Gnade im Himmel erfolgen müssen (siehe Apostelgeschichte 20,21; 1. Johannes 1,9) und dass die Befreiung der Seele von der Sünde nur durch die Verdienste Christi und seine persönliche Vermittlung erfolgt (1. Johannes 2,1). Dieses Vorrecht hat Gott niemals an irrende Sterbliche delegiert, die selbst so oft der göttlichen Barmherzigkeit und Gnade bedürfen, auch wenn sie die ernannten Leiter der Kirche sind.
„Wem ihr die Sünden vergebt“, sagte Christus, „dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“ (Johannes 20,23 EÜ) Christus gab damit niemandem die Freiheit, über andere zu urteilen. Bereits in der Bergpredigt hatte er dies untersagt, denn das Richten steht allein Gott zu. Der Gemeinde als Organisation aber ist vom Herrn eine Verantwortung für jedes einzelne Mitglied auferlegt. Die Gemeinde hat die Pflicht, jene, die in Sünde fallen, zu warnen, zu unterweisen und nach Möglichkeit wieder aufzurichten. „In aller Geduld und mit guter Lehre sollst du die Menschen zurechtweisen, tadeln und ermutigen“ (2. Timotheus 4,2b NLB), spricht der Herr. Gehe mit Fehlverhalten gewissenhaft um! Warne jeden Menschen, der in Gefahr ist, und lass es nicht zu, dass sich jemand selbst betrügt! Nenne die Sünde beim Namen! Verkündige, was Gott über Lüge, Sabbatübertretung, Diebstahl, Götzendienst und jedes andere Übel gesagt hat, denn „die solches tun, werden das Reich Gottes nicht erben“ (Galater 5,21b). Wenn sie aber in der Sünde verharren, wird das Urteil, das du ihnen aus der Heiligen Schrift angekündigt hast, im Himmel über sie ausgesprochen werden. Indem sie die Sünde wählen, lehnen sie Christus ab. Die Gemeinde muss zeigen, dass sie ihre Taten nicht gut heißt, oder sie selbst entehrt ihren Herrn. Sie muss über die Sünde so urteilen, wie Gott das tut, und mit ihr so umgehen, wie Gott es angeordnet hat, dann wird ihr Handeln im Himmel gut geheißen werden. Wer die Autorität der Gemeinde verachtet, lehnt die Autorität von Christus selbst ab. Doch diese Darstellung hat eine frohere Kehrseite. „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben.“ (Johannes 20,23a EÜ) Lasst uns diesen Gedanken immer wieder vergegenwärtigen! Wer sich für Irrende einsetzt, soll immer auf Christus schauen. Ihr Hirten, kümmert euch liebevoll um die Herde auf der Weide des Herrn und erzählt den Irrenden von der vergebenden Barmherzigkeit des Erlösers! Ermutigt den Sünder, umzukehren und an den zu glauben, der vergeben kann! Verkündet in der Vollmacht des Wortes Gottes: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ (1. Johannes 1,9) Alle, die bereuen, haben die Zusicherung: „Er wird sich wieder über uns erbarmen, alle unsere Sünden zertreten und alle unsere Verfehlungen ins tiefe Meer werfen!“ (Micha 7,19 NLB) Die Gemeinde ihrerseits soll die Reue des Sünders mit dankbarem Herzen annehmen! Führt den Reumütigen aus der Finsternis des Unglaubens in das Licht des Glaubens und der Gerechtigkeit und legt seine zitternde Hand in die liebevolle Hand von Jesus! Eine solche Vergebung wird im Himmel gutgeheißen. Nur in diesem Sinn hat die Gemeinde die Vollmacht, den Sünder von seiner Schuld freizusprechen. Sündenvergebung kann nur durch die Verdienste von Christus erlangt werden. Weder ein Mensch noch eine Gemeinschaft hat die Macht, einen Menschen von Schuld zu befreien. Christus beauftragte seine Jünger, allen Völkern zu verkünden, dass sie in seinem Namen Vergebung der Sünden haben. Sie selbst jedoch waren nicht bevollmächtigt, auch nur die geringste Sünde wegzunehmen. „Bei niemand anderem ist Rettung zu finden; unter dem ganzen Himmel ist uns Menschen kein anderer Name gegeben, durch den wir gerettet werden können.“ (Apostelgeschichte 4,12 NGÜ).