Noch einmal am See Genezareth
Johannes 21,1-23
Jesus hatte die Absicht, seine Jünger in Galiläa zu treffen. Bald nach der Passawoche machten sie sich auf den Weg dorthin. Hätten sie Jerusalem während des Festes der ungesäuerten Brote verlassen, wäre ihnen dies als Distanzierung und religiöses Fehlverhalten ausgelegt worden. Darum blieben sie bis zum Ende. Doch sobald das Fest zu Ende war, machten sie sich freudig auf den Heimweg, um ihren Meister zu treffen, so wie er es ihnen aufgetragen hatte. Sieben der Jünger waren gemeinsam unterwegs. Sie trugen die schlichten Kleider der Fischer. Wohl waren sie arm an irdischen Gütern, doch reich in der Erkenntnis und im Umgang mit der Wahrheit. Dies zeichnete sie in den Augen des Himmels mit dem höchsten Rang aus – Lehrer zu sein. Sie hatten zwar keine Prophetenschulen besucht, waren aber drei Jahre lang vom besten Erzieher, den die Welt je kannte, unterwiesen worden. Unter seiner Anleitung waren sie edler, verständiger und vollkommener geworden – zu Werkzeugen, durch welche die Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit geführt werden konnten. Während seines Wirkens hatte Christus viel Zeit am See Genezareth verbracht. Als sich die Jünger nun an einem Ort versammelten, wo sie kaum gestört werden konnten, sahen sie sich immer wieder durch die Umgebung an Jesus und seine mächtigen Taten erinnert. Damals, als sich ihre Herzen fürchteten und der wütende Sturm sie dem Untergang entgegentrieb, war Jesus auf diesem See über die Wellen gegangen, um sie zu retten. Hier war der Sturm auf sein Wort hin gestillt worden. Sie konnten den Strand überblicken, wo mehr als 10 000 Menschen mit einigen kleinen Broten und Fischen gespeist worden waren. Nicht weit davon entfernt lag Kapernaum, der Schauplatz so vieler Wunder. Als die Jünger die Gegend betrachteten, waren ihre Gedanken ganz bei den Worten und Taten ihres Erlösers.
Der Abend war angenehm lau, und Petrus, der immer noch eine Vorliebe für Boote und das Fischen hatte, schlug vor, auf den See hinauszufahren und die Netze auszuwerfen. Sie waren alle einverstanden, denn sie brauchten Nahrung und Kleidung, und der Erlös aus einem erfolgreichen nächtlichen Fischzug würde ihnen dazu verhelfen. So fuhren sie mit ihrem Boot hinaus, doch sie fingen nichts. Sie mühten sich die ganze Nacht ab, doch ohne Erfolg. Während dieser beschwerlichen Nachtstunden unterhielten sie sich über ihren abwesenden Herrn und erinnerten sich an die großartigen Erlebnisse, die sie während seines öffentlichen Wirkens am See miterlebt hatten. Sie fragten sich, was ihnen die Zukunft wohl bringen werde. Beim Ausblick auf die kommende Zeit wurden sie ganz traurig. Die ganze Zeit über folgten ihnen die Blicke eines einsamen Beobachters am Ufer, der jedoch selbst unsichtbar blieb. Schließlich dämmerte der Morgen. Als das Boot nicht mehr weit vom Ufer entfernt war, sahen die Jünger einen Fremden am Strand stehen. Er fragte sie: »Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen?« Als sie die Frage verneinten, sagte er zu ihnen: »Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.« (Johannes 21,5.6 EÜ) Johannes erkannte den Fremden und rief Petrus zu: »Es ist der Herr!« (Johannes 21,7a) Petrus war so begeistert und glücklich, dass er sich in seinem Eifer ins Wasser stürzte und schon bald neben seinem Herrn stand. Die anderen Jünger fuhren mit ihrem Boot heran und zogen das mit Fischen gefüllte Netz hinter sich her. »Als sie ausstiegen und an Land gingen, sahen sie ein Kohlenfeuer brennen, auf dem Fisch gebraten wurde; dazu gab es Brot.« (Johannes 21,9 NLB) Sie waren zu erstaunt, um zu fragen, woher das Feuer und das Essen stammten. Da sagte Jesus zu ihnen: »Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt!« (Johannes 21,10) Da lief Petrus schnell zum Netz, das er hatte fallen lassen, und half seinen Gefährten, es an Land zu ziehen. Nachdem sie die Arbeit getan und die nötigen Vorbereitungen getroffen hatten, bat Jesus die Jünger, herzukommen und zu essen. Er brach das Brot, verteilte es unter sie und wurde von allen Sieben erkannt und gewürdigt. Das Wunder von der Speisung der 5000 am Berghang kam ihnen auf einmal wieder in den Sinn, doch eine merkwürdige Scheu lag über ihnen. Schweigend schauten sie auf den auferstandenen Erlöser. Sie erinnerten sich lebhaft an die Zeit, als Jesus sie am See aufgefordert hatte, ihm nachzufolgen. Sie dachten daran, wie sie auf sein Geheiß hinausgefahren waren und ihre Netze ausgeworfen hatten und wie der Fischzug eine so reiche Beute eingebracht hatte, dass die Netze zu zerreißen drohten. Dann waren sie von Jesus aufgefordert worden, ihre Fischerboote zu verlassen. Er hatte versprochen, aus ihnen Menschenfischer zu machen. Um ihnen dieses Erlebnis erneut in Erinnerung zu rufen und dessen Eindruck zu vertiefen, hatte er das Wunder noch einmal vollbracht. Seine Tat war eine Erneuerung seines Auftrags an die Jünger. Sie zeigte ihnen, dass ihre Verpflichtung des von ihm aufgetragenen Dienstes mit dem Tod ihres Meisters nicht geringer geworden war. Obwohl sie seine persönliche Gegenwart entbehren und auf die Einkünfte ihres früheren Berufs verzichten mussten, würde sich der auferstandene Erlöser dennoch um sie kümmern. Während sie sein Werk weiterführten, würde er für ihre Bedürfnisse sorgen. Jesus hatte eine bestimmte Absicht, als er sie aufforderte, ihr Netz auf der rechten Seite des Schiffes auszuwerfen. Er selbst stand nämlich dort am Ufer, und dies war die Seite des Glaubens. Arbeiteten sie mit ihm zusammen, indem sich ihre menschlichen Bemühungen mit seiner göttlichen Macht verbanden, würde der Erfolg nicht ausbleiben.
Christus musste ihnen noch eine weitere Lehre erteilen, die besonders Petrus anging. Die Verleugnung seines Herrn stand im schändlichen Gegensatz zu seinen früheren Treuebekenntnissen. Er hatte Christus entehrt und das Misstrauen seiner Brüder entfacht. Diese dachten nun, er dürfe seine frühere Stellung unter ihnen nicht mehr einnehmen. Er selbst spürte, dass er das ihm entgegengebrachte Vertrauen verscherzt hatte. Bevor er nun dazu berufen wurde, sein Apostelamt wieder aufzunehmen, musste er vor ihnen allen den Beweis seiner Reue erbringen. Andernfalls hätte seine Schuld, obwohl er sie bereute, seinen Einfluss als Diener von Christus zunichtemachen können. Der Erlöser schenkte ihm die Gelegenheit, das Vertrauen seiner Brüder zurückzugewinnen und die Schande, die er über das Evangelium gebracht hatte, soweit wie möglich zu beseitigen. Darin liegt für alle Nachfolger von Christus eine Lehre. Das Evangelium macht keine Kompromisse mit dem Bösen und kann kein Unrecht entschuldigen. Geheime Sünden sollen Gott im Verborgenen bekannt werden, offenkundige Sünden aber erfordern ein öffentliches Bekenntnis. Wenn ein Jünger sündigt, trifft der Vorwurf Christus. Dies veranlasst Satan zum Triumphieren und lässt wankende Menschen straucheln. Der Jünger soll, soweit es in seiner Macht steht, diesen Vorwurf beseitigen, indem er seine Reue beweist. Am Ufer des Sees, als Christus gemeinsam mit seinen Jüngern aß, sagte der Erlöser zu Petrus: »Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben?« (Johannes 21,15a) Dabei zeigte er auf die Brüder des Petrus, der einst erklärt hatte: »Und wenn alle sich von dir abwenden – ich niemals!« (Matthäus 26,33 NGÜ) Doch jetzt konnte sich Petrus besser beurteilen. »Ja, Herr«, antwortete er, »du weißt, dass ich dich lieb habe.« (Johannes 21,15b) Da gab es keine leidenschaftliche Zusicherung mehr, dass seine Liebe größer sei als die seiner Brüder. Er äußerte nicht einmal seine eigene Meinung über den Wert seiner Hingabe. Vielmehr bat er den, der alle Beweggründe des Herzens kennt, seine Aufrichtigkeit zu beurteilen: »Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe.« Da forderte ihn Jesus auf: »Weide meine Lämmer!« (Johannes 21,15b) Jesus prüfte Petrus noch einmal, indem er seine Frage wiederholte: »Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?« (Johannes 21,16a) Diesmal fragte er Petrus nicht, ob er ihn mehr liebe als seine Brüder. Die zweite Antwort glich der ersten und war auch frei von übertriebenen Beteuerungen: »Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe.« Da sagte Jesus zu ihm: »Weide meine Schafe!« (Johannes 21,16b) Und noch einmal stellte der Erlöser die prüfende Frage: »Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?« (Johannes 21,17a) Da wurde Petrus traurig, denn er dachte, Jesus zweifle an seiner Liebe. Er wusste, dass sein Herr allen Grund hatte, ihm zu misstrauen. Schweren Herzens antwortete er: »Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe.« Erneut sagte Jesus zu ihm: »Weide meine Schafe!« (Johannes 21,17b) Dreimal hatte Petrus seinen Herrn in der Öffentlichkeit verleugnet, und dreimal verlangte Jesus von ihm die Zusicherung seiner Liebe und Treue. Diese gezielte und mit Nachdruck gestellte Frage drang wie ein spitzer Pfeil in das verwundete Herz von Petrus. Vor den versammelten Jüngern offenbarte Jesus, wie tief Petrus seine Tat bereute, und zeigte, wie überaus demütig der einst prahlerische Jünger nun war. Petrus war von Natur aus vorlaut und ungestüm. Satan hatte diese Wesenszüge benutzt, um ihn zu Fall zu bringen. Kurz bevor dies geschah, hatte Jesus zu ihm gesagt: »Simon, Simon, Satan hat euch alle haben wollen. Er wollte euch durchsieben wie Weizen. Doch ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Wenn du also später umgekehrt und zu mir zurückgekommen bist, dann stärke deine Brüder.« (Lukas 22,31.32 NLB) Dieser Zeitpunkt war nun gekommen, und die Veränderung, die in Petrus stattgefunden hatte, war offensichtlich. Die eindringlichen, prüfenden Fragen des Herrn hatten keine vorlaute oder überhebliche Antwort zur Folge. Seine Demütigung und Reue hatten Petrus besser als je darauf vorbereitet, ein Hirte der Herde zu sein.
Die erste Aufgabe, die Jesus Petrus anvertraute, als er ihn wieder in den Dienst einsetzte, war das Weiden der Lämmer. Das war eine Aufgabe, in der Petrus bisher nur wenig Erfahrung gesammelt hatte. Sie würde von ihm viel Sorgfalt und Einfühlungsvermögen, viel Geduld und Ausdauer verlangen. Es war der Ruf, denen zu dienen, die noch jung im Glauben waren. Er sollte die Unwissenden belehren, ihnen die Heilige Schrift eröffnen und sie zu nützlichen Mitarbeitern im Dienst von Christus erziehen. Bisher war Petrus weder für diese Arbeit geeignet gewesen, noch hatte er deren Wichtigkeit verstanden. Doch dies war die Aufgabe, mit der ihn Jesus nun beauftragte. Seine Erfahrung des Leidens und der Reue hatten ihn darauf vorbereitet. Vor seinem Fall hatte Petrus immer wieder unüberlegt und aus dem Augenblick heraus geredet. Er war immer schnell bereit gewesen, andere zu tadeln und zu sagen, was er dachte, bevor er sich völlig im Klaren über das war, was ihn selbst betraf, oder darüber, was er zu sagen hatte. Der bekehrte Petrus war ganz anders. Zwar behielt er seine frühere Begeisterung, doch die Gnade von Christus lenkte seinen Eifer in die richtigen Bahnen. Er war nicht mehr ungestüm, selbstsicher und überheblich, sondern ruhig, selbstbeherrscht und gelehrig. Er konnte nun sowohl die Lämmer als auch die Schafe aus der Herde von Christus weiden. Die Art und Weise, wie Jesus mit Petrus umging, war eine Lehre für ihn und auch für seine Brüder. Sie sollten lernen, dem Übertreter mit Geduld, Mitgefühl und vergebender Liebe zu begegnen. Obwohl Petrus seinen Herrn verleugnet hatte, wankte die Liebe, die ihm Jesus entgegenbrachte, niemals. Eine solche Liebe sollte der Unterhirte für jene Schafe und Lämmer verspüren, die seiner Obhut anvertraut wurden. Mit seiner eigenen Schwachheit und seinem eigenen Versagen vor Augen sollte Petrus mit seiner Herde genauso liebevoll umgehen, wie Christus mit ihm umgegangen war. Die Frage von Jesus an Petrus war bedeutsam. Er nannte nur eine Bedingung für die Jüngerschaft und den Dienst: »Hast du mich lieb?« (Johannes 21,17a). Das ist die grundlegende Voraussetzung. Wäre Petrus auch im Besitz aller möglichen Fähigkeiten gewesen – ohne die Liebe zu Christus hätte er kein treuer Hirte der Herde des Herrn sein können. Erkenntnis, Güte, Redegewandtheit, Dankbarkeit und Begeisterung sind alle zu gutem Werk nütze, doch ohne die Liebe für Jesus im Herzen wird die Arbeit des christlichen Dieners scheitern.
Nun ging Jesus mit Petrus ein Stück allein, denn es gab etwas, was er mit ihm allein besprechen wollte. Vor seinem Tod hatte Jesus zu ihm gesagt: »Wohin ich gehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen; du wirst mir aber später folgen.« Darauf hatte Petrus geantwortet: »Herr, warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Mein Leben will ich für dich lassen.« (Johannes 13,36b.37) Als er das sagte, ahnte er nicht, über welche Höhen und durch welche Tiefen ihn der Weg mit Christus führen würde. Als die Prüfung kam, versagte Petrus. Nun aber hatte er noch einmal die Gelegenheit erhalten, seine Liebe zu Christus zu beweisen. Um ihn für seine abschließende Glaubensprüfung zu stärken, offenbarte ihm der Erlöser die Zukunft. Er sagte ihm, dass er nach einem erfüllten Leben, wenn seine Kräfte im Alter allmählich nachließen, seinem Herrn tatsächlich folgen werde. Jesus sagte: »›Als du jung warst, hast du dir selbst den Gürtel umgebunden und bist gegangen, wohin du wolltest. Im Alter aber wirst du deine Hände ausstrecken; ein anderer wird dir den Gürtel umbinden und dich dorthin führen, wo du nicht hingehen willst.‹ Damit deutete Jesus an, durch welchen Tod Petrus einmal Gott ehren würde.« (Johannes 21,18.19a Hfa) So offenbarte Jesus Petrus, auf welche Art und Weise er sterben würde. Er sagte ihm sogar voraus, dass seine Hände am Kreuz ausgebreitet würden. Und erneut forderte er seinen Jünger auf: »Folge mir nach!« (Johannes 21,19b) Petrus ließ sich durch diese Offenbarung nicht entmutigen. Er war bereit, jeden Tod für seinen Herrn zu erleiden. Bisher hatte Petrus den Herrn »nach rein menschlichen Maßstäben« (vgl. 2. Korinther 5,16 NGÜ) beurteilt, so wie ihn auch heute viele sehen. Doch sein Blick sollte nicht mehr so begrenzt bleiben. Er hatte ihn nun anders kennengelernt als zu der Zeit, da er mit ihm als Mensch verbunden war. Er hatte in Jesus den Menschen geliebt, den vom Himmel gesandten Lehrer. Nun liebte er ihn als Gott. Nach und nach hatte er verstanden, dass Christus für ihn »alles in allem« war (vgl. 1. Korinther 15,28). Nun war er bereit, an dem mit Opfern verbundenen Auftrag seines Herrn teilzunehmen. Als er schließlich hingerichtet werden sollte, wurde er auf seine eigene Bitte hin mit dem Kopf nach unten gekreuzigt. Er hielt es für eine zu große Ehre, auf dieselbe Weise den Tod zu erleiden wie sein Meister. Für Petrus waren die Worte: »Folge mir nach!« äußerst lehrreich. Diese Anweisung wurde ihm nicht nur für sein Sterben, sondern für jeden Schritt seines Lebens gegeben. Bisher neigte er dazu, eigenmächtig zu handeln. Anstatt zu warten und Gottes Plan auszuführen, hatte er versucht, von sich aus für Gottes Werk Pläne zu schmieden. Doch er konnte nichts gewinnen, indem er dem Herrn vorauseilte. Jesus forderte ihn auf: »Folge mir nach!« Eil mir nicht voraus! Dann brauchst du den Heeren Satans nicht allein entgegenzutreten. Lass mich vorangehen, und der Feind wird dich nicht überwältigen!
Als Petrus neben Jesus einherging, bemerkte er, dass ihnen Johannes folgte. Da kam in Petrus der Wunsch auf, auch dessen Zukunft zu erfahren. Er fragte: »Herr, und was wird aus diesem hier?« Jesus antwortete ihm: »Wenn ich will, dass er am Leben bleibt, bis ich wiederkomme, was geht dich das an? Folge du mir nach!« (Johannes 21,21.22 NGÜ) Petrus hätte bedenken sollen, dass ihm sein Herr alles offenbaren würde, was für ihn gut war. Es ist die Pflicht eines jeden, Christus nachzufolgen, ohne sich unnötig über die Arbeit, die anderen aufgetragen worden ist, Sorgen zu machen. Als Jesus von Johannes sagte: »Wenn ich will, dass er am Leben bleibt, bis ich wiederkomme«, versprach er nicht, dass dieser Jünger bis zur Wiederkunft des Herrn leben werde. Er bekundete bloß seine unumschränkte Macht und zeigte damit, dass dies – sollte es sein Wille sein – das Wirken von Petrus in keinerlei Weise beeinflussen werde. Die Zukunft von Johannes wie auch die von Petrus lag ganz in den Händen ihres Herrn, doch beiden war die Pflicht auferlegt, ihm im Gehorsam nachzufolgen. Wie viele sind heute wie Petrus! Sie kümmern sich um die Angelegenheiten anderer und sind erpicht darauf, deren Pflichten kennen zu lernen, während sie in der Gefahr stehen, ihre eigenen Aufgaben zu vernachlässigen. Unsere Aufgabe ist es, auf Christus zu schauen und ihm nachzufolgen. Im Leben und im Charakter anderer werden wir Fehler und Mängel entdecken. Schwachheit haftet der menschlichen Natur an, doch in Christus werden wir Vollkommenheit finden. Indem wir auf ihn blicken, werden wir verwandelt. Johannes wurde sehr alt. Er erlebte den Untergang Jerusalems und die Zerstörung des prächtigen Tempels – ein Sinnbild für den endgültigen Untergang der Welt. Er folgte treu seinem Herrn bis zu seinem Tod. Der wesentliche Inhalt seines Zeugnisses an die Gemeinden war: »Ihr Lieben, wir wollen einander lieben, denn die Liebe kommt von Gott … Wer in der Liebe lebt, lebt in Gott und Gott lebt in ihm.« (1. Johannes 4,7a.16b GNB) Petrus war wieder in sein Apostelamt eingesetzt worden, doch die von Christus erhaltene Ehre und Vollmacht bedeuteten keineswegs eine Vorrangstellung seinen Brüdern gegenüber. Dies hatte Christus deutlich gemacht, als er auf die Frage von Petrus: »Was wird aus diesem hier?« antwortete: »Was geht dich das an? Folge du mir nach!« (Johannes 21,21.22 NGÜ) Petrus wurde nicht als Haupt der Gemeinde geehrt. Durch die ihm von Christus erwiesene Gnade, sein Versagen zu vergeben und ihm das Weiden der Herde anzuvertrauen, und durch seine Treue in der Nachfolge von Christus gewann er das Vertrauen seiner Brüder zurück. Er besaß einen großen Einfluss in der Gemeinde. Doch die Lehre, die ihm Christus am See Genezareth erteilt hatte, begleitete ihn sein ganzes Leben lang. Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes schrieb er an die Gemeinden: »Ich wende mich nun an die Ältesten unter euch. Ich bin selbst Ältester der Gemeinde, und ich habe teil an den Leiden von Christus wie an seiner Herrlichkeit, die bald offenbar werden wird. Deshalb ermahne ich euch: Leitet die Gemeinde, die Herde Gottes, die euch anvertraut ist, als rechte Hirten! Kümmert euch um sie, nicht weil es eure Pflicht ist, sondern aus innerem Antrieb, so wie es Gott gefällt. Tut es nicht, um euch zu bereichern, sondern aus Hingabe. In eurem Verantwortungsbereich führt euch nicht als Herren auf, sondern seid euren Gemeinden ein Vorbild. Dann werdet ihr, wenn der oberste Hirt kommt, den Siegeskranz erhalten, der nie verwelkt.« (1. Petrus 5,1-4 GNB)