Menschengebot oder Gottes Wort?
Am 7. März 1971 erinnerte die in der Schweiz erscheinende Tageszeitung
„Berner Tagblatt“ ihre Leser an den 1650. Geburtstag des Sonntags.
Die Zeitung schrieb: „Grund zum Feiern hat an diesem Wochenende die ganze
abendländische Zivilisation: auf den Tag genau vor 1650 Jahren, am 7. März 321,
wurde der Sonntag durch den römischen Kaiser Konstantin zum gesetzlichen
Feiertag proklamiert … Der ehrwürdige Tag der Sonne, der dem römischen
Mithraskult geweiht war, wurde zum Ruhetag im Römischen Reich bestimmt. Nicht
mehr der siebente Tag des Urchristentums, sondern der Tag des Mithraskultes
stand Pate bei der Taufe des christlichen Feiertages – des
Sonntags!“
In weiten Kreisen der Theologie ist man sich durchaus klar, dass die
Sonntagsfeier nicht auf urchristliche Quellen zurückzuführen ist. Dazu der
Theologe Dr. Theodor Zahn: „Der Sonntag ist keine Stiftung und kein Gebot
Christi. Und wie innig er mit der Geschichte des Christentums verflochten ist,
er ist nicht ganz so alt wie dieses!“
Diese Aussagen erinnern mich an einen Aufsatz von Pfarrer Fritz Jahr, der 1947
in der evangelischen Zeitschrift „Einheit“ erschien. In diesem
Aufsatz gibt Pfarrer Jahr über die Herkunft des Sonntags folgende Erklärung:
„Der Sonntag ist durchaus eine staatliche, eine weltliche, keine
kirchliche oder christliche Einrichtung. Da die Sonne vor alter Zeit weithin
religiöse Verehrung genoß, so hatte der Sonntag von Anfang an einen religiösen
Beigeschmack, und zwar einen heidnischen.
Kein Wunder: war doch der Kaiser, der das Sonntagsgesetz erließ, bis zur
letzten Stunde seines Lebens ein Heide. So war und ist der Sonntag eine rechte
‚donatio constantini‘, eine Schenkung Konstantins. Somit ist der Sonntag nicht
ein Geschenk des Christentums an die Welt, sondern ein Geschenk der Welt an die
Christen!“
Am Aufkommen der christlichen Feier des ersten Wochentages ist das vom 2.
Jahrhundert an nach und nach in die Gemeinden eindringende Heidentum maßgeblich
beteiligt. Der Historiker Ph. Schaff sagt: „Es haben sich nicht nur ein
paar heidnische Gebräuche in die Kirche eingeschlichen … Auch in der
Sonntagsfeier, die von Konstantin eingeführt wurde, vermischt sich der Kultus
des alten Sonnengottes Apollo mit der Erinnerung an die Auferstehung
Jesu.“ („History of the Christian Church“, Bd. 3, Teil 1, S.
376.378)
Das junge Christentum bekannte sich immer mehr zu dem im römischen Volkscharakter verwurzelten Synkretismus, der Religionsmengerei. Nach dem Tode der Apostel zeigte das Heidenchristentum eine bereitwillige Aufnahmefreudigkeit für Einflüsse verschiedenster Art. Heidnische Elemente wurden inhaltlich umgedeutet und mit christlicher Sinngebung erfüllt.
Der Name „Sonntag“ veranschaulicht dies in treffender Weise. Er erinnert in keiner Weise an Christus oder Gott, den Schöpfer, sondern an seinen heidnischen Ursprung und an die Gewohnheit, die Sonne göttlich zu verehren. Als der Sonntag im Römischen Reich zum gesetzlichen Feiertag wurde, hat das Christentum ihn akzeptiert und mit christlicher Sinngebung erfüllt.
So soll der aus dem Heidentum stammende und zur heidnischen Planetenwoche
gehörende Sonntag „im Christentum Gott als die Sonne der Schöpfung und
Christus als die Sonne der Gerechtigkeit und Welterlösung bezeichnen“ (H.
M. Muckermann, „Ewiges Gesetz“, S. 53).
Der christliche Sonntag kommt nicht aus der Heiligen Schrift, sondern stellt
die Verchristlichung einer heidnischen Sitte dar. Indem sich das Christentum
mehr und mehr von der strengen Bindung an die reine Lehre Jesu und seiner
Apostel lossagte, wurde es bereit, den Festtag des Sonnengottes als
wöchentlichen Ruhetag zu übernehmen.
Die Realenzyklopädie von Herzog-Hauck bemerkt dazu: „Das erste
polizeiliche Sonntagsgesetz vom Jahre 321 nach Christo stützt sich nicht auf
das Sabbatgebot, sondern darauf, daß der ‚dies solis‘ (Tag der Sonne) geheiligt
und fest ausgezeichnet werden müsse. Der Zusammenhang der Verordnung mit des
Kaisers Sonnenkultus ist da unverkennbar.“
Der Urheber des ersten staatlichen Sonntagsgesetzes, Konstantin der Große,
führte auch weitgehend den Vorsitz auf den Bischofssynoden. So ist es nicht
verwunderlich, dass die aus staatspolitischen Gründen finanziell unterstützte
Kirche den Sonntag anerkannte und kraft ihrer Autorität den Sabbat auf den
Sonntag verlegte.
Diese Veränderung wird von katholischer Seite wiederholt bestätigt. Pater
Geiermann ein katholischer Priester, sagt: „Wir halten den Sonntag statt
des Sabbats, weil die katholische Kirche im Konzil zu Laodizea im Jahr 364 die
Heiligkeit des Samstags auf den Sonntag verlegt hat.“ („Converts
Catechism of Catholic Doctrin“, S. 50)
Eine Änderung des Sabbatgebotes ist nie von Gott befohlen oder von Jesus
durchgeführt worden. Dies wissen selbst katholische Kirchenfürsten: „Der
Sabbat der berühmteste Tag im Gesetz, ging in den Herrentag über … Dieses und
Ähnliches haben nicht auf die Predigt Christi hin aufgehört (denn er sagt, er
sei gekommen, das Gesetz zu erfüllen, nicht aber, es aufzulösen), sondern auf
die Autorität der Kirche hin sind sie verändert worden!‘ (Mansi,
„Amplissima Collectio Conciliorum“, Bd. 33, 1902, Sp. 530)
Dieses vom Erzbischof von Rheggio, R. P. Gaspari a Fosso, am 18. Januar 1562
auf dem Konzil zu Trient gesprochene Wort ist eine Bestätigung dafür, dass der
Sonntag nicht im Wort der Heiligen Schrift begründet ist, sondern in
menschlicher Autoritätsanmaßung seinen Ursprung hat.
Leider hat die Reformation dieses Symptom nicht genügend beachtet. In einer
Denkschrift des preußischen Oberkirchenrates von 1850 findet sich ein
Eingeständnis, das für die Gesamtlage zutreffend ist: „Die Lehre vom
christlichen Sonntag ist in der Reformationszeit unvollendet geblieben.“
Hier darf wohl mit Recht die Klage Gottes genannt werden, die er durch den
Propheten Hesekiel über ein falsches Priestertum ausgerufen hat: „Seine
Priester tun meinem Gesetz Gewalt an und entweihen, was mir heilig ist … und
vor meinen Sabbaten schließen sie die Augen, so werde ich unter ihnen
entheiligt!“ (Hesekiel 22,26) Nach Gottes Anweisung sollen des Priesters
Lippen das Gesetz unverfälscht lehren. Gott hat jegliche Änderung seines
heiligen Gesetzes untersagt. „Ihr sollt nichts dazutun zu dem, was ich
euch gebiete, und sollt auch nichts davontun, auf daß ihr bewahrt die Gebote
des Herrn, eures Gottes, die ich euch gebiete.“ (5. Mose 4,2) Wer es
dennoch wagt, die Gebote Gottes nach menschlichem Gutdünken auszulegen und
anstelle des göttlichen Willens Menschengebote zu errichten, muss sich das
Urteil Jesu gefallen lassen: „Vergeblich dienen sie mir, weil sie lehren
solche Lehren, die nichts als Menschengebote sind!“ (Matthäus 15,9)
Daß die Feier des Sonntags nicht aus dem Worte Gottes nachgewiesen werden kann,
wird auch von evangelischer Seite bestätigt. Der Kirchenhistoriker Neander
bekennt: „Die Feier des Sonntags war immer nur wie alle Festfeier,
menschliche Anordnung!“ („Kirchengeschichte“, 1. Aufl., Bd. 1,
S. 339)
Es ist eine unwiderlegbare Tatsache, dass der Sonntag nicht durch den Willen
Gottes zum christlichen Ruhetag geworden ist sondern durch den Willen von
Menschen. Dies wird auch von dem Jesuitenpater Joseph Braun zugegeben, wenn er
im „Handlexikon der katholischen Dogmatik“ von 1926 auf Seite 248
schreibt: „Ruhetag im heutigen Sinne wurde der Tag erst seit dem 4.
Jahrhundert infolge diesbezüglicher kirchlicher und staatlicher Gesetze!“
Diese Entwicklung wurde von Gott durch den Propheten Daniel vorausgesagt. Vom
Geist Gottes inspiriert, kündigte Daniel eine Macht an, die sich unterstehen
würde, Gottes Gesetz zu ändern. In Daniel 7,25 heißt es: „Er wird den
Höchsten lästern und die Heiligen des Höchsten vernichten und wird sich
unterstehen, Festzeiten und Gesetz zu ändern.“
Die Bibel sagt, dass Gott keine Gemeinschaft hat mit den Bösen, die das Gesetz missbrauchen. Die Stuttgarter Jubiläumsbibel gibt Psalm 94,20 in einer Anmerkung wie folgt wieder: „Ist dir verbündet der Stuhl des Verderbens, der Unrecht schafft auf Grund des Gesetzes?“ Beachten wir die Warnung Jesu: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.“ (Matthäus 7,21)
Der Sabbat ist ein Kennzeichen der Autorität Gottes und seiner Macht im
Weltall. Das Papsttum gibt zu, dass die Veränderung des Sabbats ein Zeichen
kirchlicher Autorität ist. Welches Kennzeichen wollen wir annehmen? Jesus, der
Sohn Gottes, vollendete mit seinem Vater die Schöpfung. Er gab dem Sabbat
seinen Segen. Als er auf Erden lebte, hielt er den Sabbat. Sein Vorbild in der
Ruhetagsheiligung ist unveränderlich und über jeden Zweifel erhaben. Lebte er
heute unter uns, so heiligte er den biblischen Ruhetag, den Sabbat wie er ihn
während seiner Erdenzeit heiligte. Unzählige Male drückte er sein Siegel auf
die Aussagen des Alten Testaments, indem er sie nicht nur anführte, sondern
gleichzeitig mit Leben füllte. Unverändert gilt sein Wort über die Heilige
Schrift: „Sie ist’s die von mir zeugt.“ (Johannes 5,39)
Am sechsten Tag der Woche starb Jesus am Kreuz. Mit dem letzten Atemzug rief er
aus: „Es ist vollbracht!“ Die Stunden während des Sabbats ruhte er im
Grab. Das Erlösungswerk für den Sünder war vollbracht. Unser Heiland starb als
Sieger. Dadurch ist die Erlösung sicher.
In der Sabbatheiligung ehren wir Jesus als unseren Schöpfer und Erlöser. Mit
ihm dürfen wir auch in seine Ruhe eingehen. „Denn wer zu Gottes Ruhe
gekommen ist der ruht auch von seinen Werken so wie Gott von den seinen. So
laßt uns nun bemüht sein, zu dieser Ruhe zu kommen, damit nicht jemand zu Fall
komme durch den gleichen Ungehorsam!“ (Hebräer 4,10.11)
Wer im Glauben an Jesus Christus zur Ruhe in Gott gefunden hat wird in völliger
Gemeinschaft mit Gott sein. Darum wird er von seinen Werken gleichwie Gott ruhen.
Der Verfasser des Hebräerbriefs erklärt, was mit diesem gleichwertigen Ruhen
gemeint ist, wenn er schreibt: „Denn so hat er an einer andern Stelle
gesprochen vom siebenten Tag: Und Gott ruhte am siebenten Tage von allen seinen
Werken!“ (Hebräer 4,4)
Die erlöste Menschheit wird zum ewigen Frieden und zu verklärter Ruhe
kommen. Der Sabbat ist ein Sinnbild dieser Vollendung. Der sabbathaltende
Nachfolger wird von Woche zu Woche auf diese Vollendung ausgerichtet und
vorbereitet. Wer von ganzem Herzen nach dem Reiche Gottes trachtet, darf
getrost und zuversichtlich sein, die verheißene Ruhe zu erlangen.
Möge der Heilige Geist alle aufrichtigen Christen „in alle Wahrheit
leiten“ (Johannes 16,13) und uns allen helfen, so zu glauben und zu
handeln, wie Gottes Wort es sagt und wie Jesus Christus, unser Erlöser und
Herr, es gelehrt hat.
Mit keiner unserer Überlegungen und Fragen sollte Jesus Christus aus dem
Mittelpunkt unseres Glaubens gerückt werden. In unseren Tagen geht es nicht nur
um den Sabbat, sondern um eine umfassende Reformation christlicher Lehre und
christlichen Lebens, dennoch ist der Sabbat ein Prüfstein, ob wir Gott mehr
gehorchen wollen oder Menschen.