Der Sabbat ein besonderes Zeichen
In 2. Mose 31,13.17 wird der Sabbat des Herrn zweimal ein Zeichen genannt.
Gott sagt: „Haltet meinen Sabbat; denn er ist ein Zeichen zwischen
mir und euch von Geschlecht zu Geschlecht!” (Vers 13) „Er
ist ein ewiges Zeichen zwischen mir und den Kindern Israel!” (Vers 17)
Und in Vers 16 betont der Herr, dass sein Volk den Sabbat halten soll als einen
ewigen Bund.
Wofür ist der Sabbat ein ewiges Zeichen, Siegel oder Versprechen? Warum soll
Gottes Volk den Sabbat halten? Die Begründung lautet: „Damit ihr
erkennt daß ich der Herr bin, der euch heiligt!“ (Vers 13) „Denn
in sechs Tagen machte der Herr Himmel und Erde, aber am siebenten Tage ruhte er
und erquickte er sich!“(Vers 17) Hier werden zwei Begründungen für die
Sabbatfeier gegeben, deren Gewicht wir im einzelnen untersuchen müssen.
Sabbat und Schöpfung
Das Sabbatgebot wird zunächst mit dem Hinweis auf die Schöpfung
begründet. Gott schuf Himmel und Erde und Meer und alles was darinnen ist
in sechs Tagen und erquickte sich am siebenten Tag von seinen Werken (1. Mose
2,1-3; 2. Mo20,8-11). Das ewige Evangelium ruft die Menschen dazu auf, Gott als
Schöpfer anzubeten (Offenbarung 14,6.7) und ihn zu ehren. Den Schöpfer
können die Menschen jedoch nur dann als Erschaffer und Erhalter des
Lebens ehren, indem sie im Gedenken an seine wunderbare Macht, seinen eigenen
Gedenktag heilig halten, der für die Menschen eingesetzt wurde (Markus 2,27).
Die Schöpfung durch Gott ist aber in gewissem Sinne eine Geschichte der
Befreiung. Es ist die Befreiung von der Unordnung zur Ordnung, vom Chaos zum
Kosmos hin. Gott gestaltete die formlose Materie und schuf etwas Neues,
Schönes, Vollkommenes. Er befreite sie aus der Zweck- und Sinnlosigkeit und gab
ihr eine den Schöpfer preisende und den Menschen dienende und sie erfreuende
Bestimmung. Durch die Heiligung des Sabbats soll Gottes Volk immer wieder den
Sinn der Schöpfung begreifen und vor der Sinn- und Ziellosigkeit bewahrt
werden.
Wer die modernen Lebensphilosophien mit ihrer Sinn- und Ziellosigkeit kennt
begreift, wie sehr unsere Zeit eine neue Besinnung auf den Sabbat benötigt. Der
Sabbat als ein Zeichen der Befreiungstat Gottes von der Unordnung zur Ordnung,
vom Chaos zum Kosmos, gibt Mut und Hoffnung die Zukunft zu gestalten.
Rechte Sabbatheiligung weckt schöpferische Kräfte, sie macht uns kreativ, sie
hilft uns, die Schöpfung zu bewahren und den Kräften der Zerstörung
entgegenzuwirken. Sie erweckt in uns das Vertrauen, dass Gott, der Schöpfer,
auch die Unordnung und das Chaos unseres Lebens verändern, erneuern und
herrlich gestalten kann.
Die durch die Sünde entstandene Disharmonie, Unordnung und Zerstörung in den
mitmenschlichen Beziehungen und in jedem menschlichen Herzen sollen und können
durch eine weitere Befreiungstat Gottes beendet werden. Diese Verheißung gibt
uns die zweite Begründung für die Sabbatfeier.
Sabbat und Erlösung
In 5. Mose 5,15 wird die Heiligung des Sabbats und die erlösende
Befreiungstat Gottes für sein Volk ausdrücklich miteinander verbunden. Gott
sagt: „Du sollst daran denken, daß auch du Knecht in Ägyptenland
warst und der Herr, dein Gott, dich von dort herausgeführt hat mit mächtiger
Hand und ausgestrecktem Arm. Darum hat dir der Herr, dein Gott, geboten, daß du
den Sabbattag halten sollst!“
Diese Aussage erinnert an den Anfang der Zehn Gebote, die mit der Heilstat
Gottes beginnen: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus
Ägypten, aus dem Diensthause geführt hat!“ Diese Worte bezeugen:
Der fordernde, gebietende Gott ist zu allererst der helfende, befreiende, erlösende
Gott. Gott stellt sich seinem Volk als der barmherzige Befreier vor. Das
Evangelium geht dem Gesetz voraus. Israel empfing das Gesetz nach seiner
Befreiung aus Ägypten.
Das Gesetz wurde von Gott nicht als ein Mittel zur Erlangung der Gerechtigkeit
gegeben, sondern als ein Zeichen für die machtvolle Befreiung durch Gottes
Gnade. Darum müssen wir die Zehn Gebote so lesen und verstehen:
Gott spricht:“Weil ich dich aus der Knechtschaft erlöst und
befreit habe, darum wirst du keine anderen Götter neben mir haben, darum wirst
du meinen Namen nicht missbrauchen, darum wirst du meinen Sabbat heiligen und
daran denken, dass du ein aus Gnade und Liebe erlöstes und befreites Volk
bist.”
Der Sabbat wurde einem Volk gegeben, das durch eine freie Gnadenwahl und
Befreiungstat Gottes in ein Bundesverhältnis zu Gott getreten war. Der Sabbat
sollte ein beständiges Erinnerungszeichen an diese Befreiung sein und Gottes
Volk vor einem gesetzlichen Denken und Tun bewahren. Hans Walter Wolff schrieb
deshalb – ”Der Grund für die Beachtung des Sabbats ist jene Gewißheit, die für
Israel absolut grundlegend war, nämlich, daß Jaweh Israel aus Ägypten befreit
hatte. An jedem Sabbat sollte Israel sich dessen erinnern, daß sein Gott ein
Befreier ist!”
Diese Begründung für die Sabbatfeier ist auch für uns Christen bedeutsam.
Im übertragenen Sinne gibt es eine Befreiung durch Gott aus ägyptischer
Gefangenschaft und Sklaverei, die nicht auf ein bestimmtes Land oder
Jahrhundert oder Volk begrenzt ist, sondern sich überall und in jedem Menschen
wiederholen kann. Die Befreiung Israels aus der Sklaverei Ägyptens wird im
Neuen Testament zum eindrucksvollen Bild für die machtvolle Befreiung aus der
Knechtschaft der Sünde, des Todes und des Teufels.
Christus wies in seiner Antrittspredigt darauf hin, dass er in die Welt
gekommen sei, um die in der Sabbatfeier seines Volkes in Erinnerung gehaltene
Befreiungstat Gottes im übertragenen Sinne zu erfüllen. Jesus sagte: „Mit
mir ist der Geist des Herrn, weil er mich berufen hat. Er hat mich beauftragt,
den Armen die frohe Botschaft zu bringen. Den Gefangenen soll ich die Freiheit
verkünden, den Blinden sagen, daß sie sehen werden, und den Unterdrückten, daß
sie bald von jeder Gewalt befreit sein sollen. Jetzt erläßt Gott alle
Schuld!“(Lukas 4,18.19 Hfa)
Die Apostel haben in ihren Missionspredigten und Briefen die Befreiung Israels
aus der Sklaverei Ägyptens und die Hinführung in das verheißene Land Kanaan auf
die Befreiungstat Gottes in Christus übertragen.
Der Apostel Paulus schrieb: „Gott hat uns aus der Gewalt der
Finsternis befreit, und nun leben wir unter der Herrschaft seines geliebten
Sohnes Jesus Christus. Durch ihn sind wir erlöst, unsere Sünden sind
vergeben!“ – „Die Sünden dieser Welt waren eure Sünden, und ihr wart
dem Satan verfallen. Sein böser Geist beherrscht auch heute noch das Leben
aller Menschen, die Gott nicht gehorchen. Aber Gottes Barmherzigkeit ist groß.
Wegen unserer Sünden waren wir in Gottes Augen tot. Doch er hat uns so sehr
geliebt, daß er uns mit Christus neues Leben schenkte!“ (Kolosser
1,13; Epheser 2,2.4.5 Hfa)
Paulus sah den in der Trennung von Gott lebenden Menschen unter der
Diktatur der Sünde und des Teufels. Doch in Christus hat Gott die tödlichen
Fesseln gesprengt und uns in die Freiheit geführt, in der es möglich ist ,
Gottes Willen zu tun.
Im Neuen Testament wird folgende Gesamtübertragung der Befreiung aus Ägypten
auf die durch Christus gewirkte Erlösung vorgenommen: Ägypten ist das Sinnbild
für die gottfeindliche, wider Gott rebellierende Welt (Offenbarung 11,8).
Pharao, der ägyptische Herrscher, der Gottes Volk unterdrückte, wird zum Symbol
für Satan, den Gott dieser Welt (2. Korinther 4,4). Die Sklaverei in Ägypten
wird zum Vorbild für die Sklaverei der Sünde, des Todes und des Teufels (Römer
6,19-22). Mose, der Befreier, der Israel aus Ägypten führte, ist das Vorbild
auf Christus (5. Mose 18,15; Hebräer 3,4-7). Der Durchzug durch das Rote Meer
wird zum Zeichen für die Taufe (1. Korinther 10,2). Die Wüstenwanderung ist das
Vorbild für die Nachfolge Christi in dieser Welt und der Einzug in das Land
Kanaan wird zum Vorbild für den Einzug der Kinder Gottes in das ewige Reich
Jesu.
Die Kinder Israel waren nicht durch ihre eigenen Verdienste aus der Sklaverei
Ägyptens befreit worden, sondern durch Gottes machtvolle Tat. Als Zeichen
dieser Gottestat und als ständige Erinnerung daran sollten sie den Sabbat
halten. Durch die Heiligung des Sabbats sollten sie ihre Verbundenheit mit
ihrem Erlöser und Befreier bezeugen und anerkennen, dass ihre Rettung nicht ihr
eigenes Werk war, sondern eine barmherzige Handlung seiner barmherzigen und
rettenden Liebe.
Auch wir Christen sind durch einen machtvollen Erlösungsakt Gottes in Jesus
Christus aus der Knechtschaft befreit worden. An jedem Sabbat sollten wir darum
als gläubige Christen Gott in heiliger Freude für die Befreiung danken und uns
der Ruhe erfreuen, in die uns Gott durch sein für uns vollbrachtes
Erlösungswerk geführt hat.
Wer den Sabbat heiligt, bringt dadurch zum Ausdruck, dass er an den Gott glaubt
der in Schöpfung und Erlösung zur Befreiung und zur Vollendung des Menschen in
dieser Welt wirksam ist. Der Sabbat ist ein Zeichen der Hoffnung dass nicht das
Chaos, sondern die Neuschöpfung, nicht die Versklavung des Menschen, sondern
seine Befreiung, nicht die Unrast sondern die Ruhe Gottes letztes Ziel und
Heilshandeln für uns Menschen ist.
Der Schreiber des Hebräerbriefes zeigt uns das alttestamentliche
Sabbatverständnis in einem neuen christlichen Licht. Für den Christen ist der
Sabbat ein Tag, an dem er die gegenwärtige Ruhe der Erlösung erlebt und an dem
er der endgültigen Ruhe im Reiche Gottes entgegensieht.
Die Gottesruhe am siebenten Schöpfungstag, auf die im Sabbatgebot (2. Mose
20,8-11) hingewiesen ist wird im Hebräerbrief in Beziehung gesetzt zu der Ruhe
und dem Frieden, die Gott durch sein Erlösungswerk in Christus uns Sündern
gebracht hat. „Wer zu Gottes Ruhe gekommen ist, der ruht auch von
seinen Werken so wie Gott von den seinen!“ (Hebräer 4,10) –„Es
heißt doch vom siebten Schöpfungstag: Am siebten Tag hatte Gott sein Werk
vollendet und ruhte von seiner Arbeit aus.“ (Hebräer 4,4 Hfa)
Durch den Glauben an Jesus können wir endlich in die uns im Sabbat verheißene
und angebotene Ruhe eingehen und in ihr leben. Das meinte der Reformator
J.Calvin, als er schrieb: „Die Gläubigen sollten am Sabbat von ihren
Werken ablassen, um Gott die Möglichkeit zu geben, in ihnen zu wirken!“
Christen heiligen den Sabbat nicht um einmal in die Ruhe Gottes eingehen zu
dürfen. Der Sabbat ist für sie kein gesetzliches oder verdienstliches Werk. Sie
heiligen den Sabbat weil sie durch Christi Versöhnungsopfer und Rechtfertigung
schon jetzt in die Ruhe Gottes, in die liebende Gemeinschaft mit Gott,
eingegangen sind.
Wer durch den Glauben in dem vollkommenen, für ihn vollbrachten Erlösungswerk
Jesu ruht der wird von der falschen Unruhe des eigenen Wirkens zu seiner
Erlösung befreit. Seine Sabbatheiligung wird dann nicht ein gesetzliches
„Muß“ zur Erlangung göttlicher Gerechtigkeit sein, sondern ein
Zeichen für den Frieden und die Ruhe, die er in den Wunden Jesu gefunden hat.
Seit Christus am Kreuz ausrief: „Es ist vollbracht!“,
dürfen wir eingehen in die Ruhe Gottes und hinsichtlich unserer Rechtfertigung
und Annahme bei Gott von den eigenen Werken ruhen. Die Sabbatruhe weist auf die
geistliche Ruhe hin, die wir durch die Erlösung und Befreiung in Jesus Christus
empfangen haben. Ein Christ der am Sabbat sein alltägliches Tun unterbricht, um
das neue Leben zu feiern, das durch Gottes Gnade für ihn Wirklichkeit geworden
ist verzichtet auf den Versuch, seine Erlösung selbst schaffen zu wollen. Da
wahre Sabbatheiligung auch die äußere Ruhe von der Arbeit bringt, wird der
Blick von den eigenen Leistungen hinweggelenkt und dafür auf Gottes Werk und
auf sein Wirken zu unserer Rettung gerichtet.
Nach Prof. Karl Barth zielt das Sabbatgebot darauf, dass der Mensch der
allmächtigen Gnade Gottes auf der ganzen Linie das erste Wort gebe und lasse.
Das Sabbatgebot verbiete dem Christen den Glauben an sein Planen und Wollen, an
seine Rechtfertigung und Errettung, die er sich selber beschaffen könnte, an
seine Tüchtigkeit und Leistung. Christen, die an der objektiven Heilstat Jesu
festhalten und das Kreuz Jesu als einzige Grundlage ihrer Befreiung und
Rechtfertigung vor Gott rühmen, werden den Sabbat annehmen und durch wahre
Sabbatheiligung Jesus ehren, durch dessen vollkommenes Werk sie für immer vor
Gottes Gesetz und Gericht gerechtfertigt sind.
Der Sabbat ist nicht nur die von Gott gesetzte Zeit um die gute Nachricht von
der vollkommenen Schöpfung Gottes zu feiern, er ist auch die richtige Zeit, um
die frohe Nachricht von der vollkommenen Erlösung durch Christus zu feiern und
zu verkündigen.
Die durch den Sabbat in ständiger Erinnerung gehaltene Befreiungstat Gottes
wird durch die körperlichen und geistigen Heilungen besonders betont, die Jesus
den Bedürftigen gerade am Sabbat schenkt. Sowohl bei Markus als auch bei Lukas
ist das erste Wunder Jesu, die Befreiung eines dämonisch gebundenen Menschen,
ein Sabbatwunder. Die Evangelien berichten von sieben Wundern, die Jesus
speziell am Sabbat vollbrachte. In diesen Wundern hat er seine Macht zur
Befreiung und Heilung des Menschen betont und demonstriert Besonders deutlich
tritt dies im Bericht von der Heilung einer verkrüppelten Frau im Gottesdienst
zutage (Lukas 13,10-17).
Jesu Tat, am Sabbat eine Tochter Abrahams von körperlichen und geistigen
Bindungen zu befreien, ist eine Erfüllung der Befreiung, an die der Sabbat
beständig erinnern soll. Die Loslösung eines Menschen am Sabbat von den Ketten
Satans, erinnert an Jesu Ankündigung in seiner Antrittspredigt in Nazareth:
„…..zu predigen den Gefangenen, daß sie frei sein sollen, …..den
Zerschlagenen, daß sie frei und ledig sein sollen“ (Lukas 4,18).
Durch seine Sabbatwunder befreite Jesus den Sabbat von der pharisäisch – jüdischen
Gesetzlichkeit. Jesus führte den Sabbat wieder zu seiner eigentlichen Funktion
zurück: ein Zeichen, ein Gedenktag der herrlichen Befreiung zu sein, die Gott
für sein Volk und alle Menschen wirkte. Christus erklärte durch seine
Sabbatwunder den Sinn der Sabbatruhe, der durch das gesetzliche Denken der
Pharisäer verlorengegangen war.
Die Juden in den Tagen Jesu hatten den Sabbat zu einer drückenden Last gemacht.
Durch Jesus wurde der Sabbat wieder zu einem Tag der Freude und des Heils, des
Segens und der Befreiung. Deshalb besteht die Sabbatruhe, die Christus seinen
Nachfolgern anbietet nicht in neuen Verhaltensregeln, wie man diesen Tag
heiligen soll, sondern in der Erfahrung des Friedens und der Ruhe, die der
Sünder in dem durch Christus vollbrachten Heilswerk gefunden hat.
Am Sabbat findet die wöchentliche Jubelfeier des von Gott geschaffenen und
befreiten Volkes statt. Wir können und dürfen mit aller Arbeit aufhören, damit
Gott in uns wirken und die Ruhe seiner Vergebung und Errettung in unserem Leben
schaffen kann.
Möge sich jeder Leser prüfen, ob er schon die rechte Sabbatfeier mit Christus
begonnen hat, so dass er bei der Wiederkunft Jesu in die Ruhe eingehen kann,
die dem Volke Gottes noch verheißen ist (Hebräer 4).