Der wahre Beweggrund zum Gottesdienst

Der wahre Beweggrund zum Gottesdienst

„Habt acht, dass ihr eure Almosen nicht vor den Leuten gebt, um von ihnen gesehen zu werden; sonst habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht vor dir her posaunen lassen, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, um von den Leuten gepriesen zu werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. Wenn du aber Almosen gibst, so soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen ist. Und dein Vater, der ins Verborgene sieht, er wird es dir öffentlich vergelten. Und wenn du betest, sollst du nicht sein wie die Heuchler; denn sie stellen sich gern in den Synagogen und an den Straßenecken auf und beten, um von den Leuten bemerkt zu werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. Du aber, wenn du betest, geh in dein Kämmerlein und schließe deine Türe zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir öffentlich vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört um ihrer vielen Worte willen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen! Denn euer Vater weiß, was ihr benötigt, ehe ihr ihn bittet.  […] Wenn ihr aber fastet, sollt ihr nicht finster dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Angesicht, damit es von den Leuten bemerkt wird, dass sie fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. Du aber, wenn du fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, damit es nicht von den Leuten bemerkt wird, dass du fastest, sondern von deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir öffentlich vergelten.“ (Matthäus 6,1-8. 16-18)

In den Worten, die Christus auf dem Berge sprach, kam zum Ausdruck, was er mit seinem Leben bisher still hatte lehren wollen, die Leute aber nicht hatten verstehen können. Sie konnten nicht begreifen, dass er, der doch so große Kraft besaß, diese nicht zur Gewinnung dessen benutzte, was sie als höchstes Gut betrachteten. Ihre Gedanken und Gefühlswelt und auch ihre Lebensführung waren so ganz anders als die seine. Indem sie für sich den Ruhm beanspruchten, sehr auf die Ehrung des Gesetzes bedacht zu sein, suchten sie in Wirklichkeit ihre eigene Ehre. Christus aber wollte ihnen klarmachen, dass auch der ein Gesetzesübertreter ist, der das Ich liebt.
Doch die Pharisäer sind bis heute noch nicht ausgestorben. Menschenwesen atmet Pharisäergeist. Wenn der Heiland den Gegensatz zwischen seinem Geist und der Denkweise der Schriftgelehrten hervorhebt, ist seine Lehre daher zu allen Zeiten anwendbar.

In den Tagen Christi suchten die Pharisäer sich fort und fort die Gnade des Himmels zu erwerben, weil sie selbige als Lohn ihrer Tugend, Ehre und Reichtum der Welt zu gewinnen hofften. Gleichzeitig glänzten sie mit ihren Liebeswerken vor den Leuten, um deren Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und bei ihnen in den Ruf der Heiligkeit zu gelangen.
Jesus rügte ihre Schauspielerei und erklärte, dass Gott solchem Dienst seine Anerkennung versage. Die Schmeichelei und Bewunderung des Volkes, worauf sie so eifrig bedacht waren, seien der einzige Lohn, den sie je empfangen würden.
„Sie haben ihren Lohn dahin. Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, auf dass dein Almosen verborgen sei; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ Damit hat Jesus nicht sagen wollen, dass Liebesdienste immer geheimgehalten werden müssen. Der Apostel Paulus, der ja unter dem Einfluss des Heiligen Geistes schrieb, verhehlte die edle Selbstaufopferung der mazedonischen Christen nicht, sondern pries die Gnade, die Christus in ihnen gewirkt hatte, und dadurch wurden andere vom selben Geist erfüllt. An die Gemeinde zu Korinth schrieb er „Euer Beispiel wurde vielen ein Anreiz.“ (2.Korinther 9,2)
Was Christus zum Ausdruck bringen wollte, geht aus seinen eigenen Worten hervor: Liebeswerke sollten nicht Lob und Ehre vor den Menschen zum Ziel haben. Wahre Frömmigkeit trachtet nicht danach, vor den Leuten zu glänzen. Wer nach Lobes- und Schmeichelworten giert, wer sich an ihrer Süßigkeit berauscht, ist nur ein Namenschrist.
Die Nachfolger Christi sollen durch ihre guten Werke Ehre einlegen, dass nicht sie gepriesen werden, sondern der, durch dessen Gnade und Kraft sie solche haben wirken können. Alle guten Werke werden durch den Heiligen Geist gewirkt; der Geist aber ist gegeben, damit nicht der Empfänger, sondern der Geber gepriesen werde. Wenn Christi Licht in der Seele entflammt worden ist, wird der Mund voll Lob und Dank gegen Gott sein. Nicht deine Gebete, die Erfüllung deiner Pflichten, deine Wohltaten, deine Selbstverleugnung werden dann im Mittelpunkt all deines Denkens und deiner Gespräche stehen, sondern Jesus wird verherrlicht werden. Das Ich wird verschwinden, Christus dagegen alles und in allem sein.
Wir sollen aufrichtig geben, aus Mitleid und Liebe zu den Leidenden und nicht, um mit unserer Guttat zu prangen. Ehrliche Absicht und wahre Herzensgüte sind die Beweggründe, die vor Gott Wert haben. Eine in ihrer Liebe aufrichtige und in ihrer Hingabe ungeteilte Seele ist köstlicher bei Gott als das Gold von Ophir.

Wir sollen nicht an die Belohnung, sondern an unseren Dienst denken. Die in diesem Sinne verrichtete Liebestat wird ja ohnehin ihren Lohn finden. „Dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ Da nun in Wahrheit Gott selbst unser großer Lohn ist, in dem jegliche andere Belohnung eingeschlossen liegt, empfangen wir ihn und freuen uns seiner nur dann, wenn wir in sein Wesen hineinwachsen. Gleiches nur kann Gleiches würdigen. In dem Maße, wie wir uns Gott zum Dienste an der Menschheit weihen, schenkt er sich auch uns.
Es kann niemand sein Herz und sein Leben dem Segensstrom Gottes aufschließen und ihn andern zugute kommen lassen, ohne selbst reichen Segen zu empfangen. Hänge und Ebenen, die den zum Meer eilenden Bergwassern ein Bett bieten, büßen dadurch nichts ein. Was sie darangegeben haben, erhalten sie hundertfältig wieder. Denn der Strom, der ruhig seines Weges zieht, lässt Gedeihen und Fruchtbarkeit zurück. Das Gras an seinen Ufern steht saftig grün, die Bäume strotzen von Kraft, Blumen blühen in Hülle und Fülle. Wenn die unbarmherzige Sommersonne Wiesen und Felder verbrannt hat, bezeichnet ein grüner Streifen den Lauf des Flusses. Und die Erde, die ihr Antlitz durchfurchen ließ, der Berge Reichtum in das Meer zu leiten, wird mit frischem Wuchs und mit Schönheit angetan, so von der Belohnung zeugend, die Gott in Gnaden allen gewährt, welche für die Welt ein Flussbett seiner Himmelsgüter sein wollen. Das ist der Segen aller, die den Armen Barmherzigkeit erweisen. Der Prophet Jesaja spricht: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen, und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich … Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt.“ (Jesaja 58,7.8.9.11).

Das Werk der Mildtätigkeit hat doppelten Segen. Wer dem Bedürftigen gibt, segnet andere, empfängt aber selber noch größeren Segen. Die Gnade Christi entwickelt im Menschen Wesenszüge, die der Selbstsucht völlig entgegengesetzt sind und das Leben verschönern, veredeln und bereichern. Stille Werke der Güte werden Herzen zusammenschmieden und sie zum Herzen dessen ziehen, aus dem alle gute Regung entspringt. Die kleinen Aufmerksamkeiten, die unauffälligen Liebes- und Opfertaten, die sich wie Blumendüfte sanft übers Leben breiten, tragen gar viel zum Segen und Glück unseres Tages bei. Schließlich wird sich zeigen, dass die Selbstverleugnung zum Besten und zum Glücke anderer, auch wenn sie unwesentlich und unbeachtet scheint, im Himmel als Zeichen unserer Verbindung mit dem König der Herrlichkeit anerkannt wird, der reich war, aber um unsertwillen arm wurde.
Das Werk der Barmherzigkeit mag ganz in der Stille ausgerichtet worden sein, der gesegnete Einfluss auf den Täter ist jedoch nicht zu verbergen. Wirken wir von ganzem Herzen als Nachfolger Christi, dann wird unser Herz in innigem Einklang mit Gott stehen. Der Geist Gottes wird auf unseren Geist einwirken, und heilige Ausgeglichenheit der Seele wird der Ausklang der göttlichen Bezeugung in uns sein.
Der Gott, der denen noch mehr Gaben verleiht, die von den ihnen anvertrauten weisen Gebrauch machen, nimmt mit Freuden den Dienst seiner Glaubenskinder wahr, den sie im Namen seines geliebten Sohnes und durch dessen Gnade und Kraft wirken. Wer dadurch nach Entwicklung und Vollkommenheit christlichen Wesens getrachtet hat, dass er seine Kräfte in guten Werken übte, wird in der zukünftigen Welt die Ernte dieser Saat einheimsen. Das auf Erden angefangene Werk wird in jenem höheren und heiligeren Leben zur höchsten Entfaltung gelangen und dann in Ewigkeit bestehen.

„Wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler“
Die Pharisäer hatten bestimmte Stunden zum Gebet. Wenn sie sich, wie es oft vorkam, zur Gebetszeit gerade unterwegs befanden, hielten sie sofort inne, wo sie auch waren auf der Straße, auf dem Markt, im Menschengewühl und leierten dann mit lauter Stimme ihre auswendig gelernten Gebete herunter. Diese Art der Gottesverehrung, mehr auf Selbstverherrlichung berechnet, musste bei Jesus scharfen Widerspruch auslösen. Er war durchaus nicht gegen das öffentliche Gebet, betete er doch selbst mit seinen Jüngern und auch vor dem ganzen Volke. Aber er will sagen, dass das persönliche Gebet nicht in die Öffentlichkeit gehört. Unsere Gebete in stiller Andacht sind nur für das Ohr des Gebete erhörenden Gottes bestimmt. Kein neugieriges Ohr hat solchen Bittseufzern zu lauschen. „Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein.“ Schaffe dir einen Ort zum stillen Gebet. Jesus hatte manch stilles Plätzchen, wo er die Gemeinschaft mit Gott pflegte, und wir wollen uns auch ein solches schaffen. Wir haben es oft nötig, uns dahin zurückzuziehen, ganz gleich, wie bescheiden es sein mag, um mit Gott allein zu sein. „Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ In Jesu Namen dürfen wir mit kindlichem Vertrauen vor Gott treten. Wir brauchen keinen Menschen als Mittler. Durch Jesus öffnen wir unsere Herzen dem Gott, der uns kennt und uns liebhat. Im stillen Gebetskämmerlein, wo nur das Auge Gottes uns erblickt, wo nur sein Ohr uns hört, können wir dem Vater der unendlichen Barmherzigkeit unsere verborgensten Anliegen und Wünsche offenbaren. Und in der Einsamkeit, wenn die Seele still geworden ist vor Gott, werden wir in unseren Herzen die Stimme vernehmen, die noch immer den Schrei aus menschlicher Not beantwortet hat.

„Der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer.“ (Jakobus 5,11) Mit unermüdlicher Liebe wartet er darauf, das Bekenntnis der Irrenden anzuhören und ihre Reue entgegenzunehmen. Er erwartet Dank von unserer Seite gleich der Mutter, die auf die anerkennende Freude ihres geliebten Kindes achtet. Er möchte uns begreifen sehen, wie ernst und innig sein Herz sich nach uns sehnt. Er bittet uns, bei Schwierigkeiten auf sein Mitgefühl, bei Sorgen auf seine Liebe, bei Wunden auf seine Heilkraft, bei Schwachheit auf seine Stärke, bei Mangel auf seine Fülle zu rechnen. Er hat noch niemand enttäuscht, der zu ihm kam. „Die auf ihn sehen, werden strahlen vor Freude, und ihr Angesicht soll nicht schamrot werden.“( Psalm 34,6)
Wer Gott im Kämmerlein sucht, ihm seine Nöte darlegt und ihn um Hilfe bittet, wird nicht vergeblich beten. „Dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ Wenn wir Christus zu unserem täglichen Begleiter wählen, werden wir die Mächte einer unsichtbaren Welt um uns spüren. Und schauen wir auf Jesus, so werden wir seinem Bilde ähnlich. Durch Anschauen werden wir verwandelt. Unser Wesen wird sanft, fein und edel gemacht und so auf das Königreich der Himmel zugerichtet. Durch Gemeinschaft mit unserem Herrn und seine Nachfolge werden wir ganz gewiss in Barmherzigkeit, Reinheit und Inbrunst wachsen. Wir werden zu Betern werden. Wir werden eine göttliche Erziehung empfangen und all das in unserem Leben mit Fleiß und Eifer an den Tag legen.
Die Seele, die sich täglich in ernstem Gebet zu Gott um Hilfe, Beistand und Kraft wendet, wird edlen Eingebungen folgen, klare Erkenntnis von Wahrheit und Pflicht besitzen, aus edlen Beweggründen handeln und fort und fort nach Gerechtigkeit hungern und dürsten. Durch fortwährende Verbindung mit Gott wird uns im Verkehr mit unseren Mitmenschen die Fähigkeit zuteil, ihnen das Licht, den Frieden und die Ruhe zu vermitteln, die in unseren Herzen die Herrschaft haben. Die Kraft, die wir aus dem Gebet zu Gott schöpfen, macht uns im Verein mit dem anhaltenden Bestreben, vorsichtig und achtsam zu sein, für unsere täglichen Pflichten geschickt und bewahrt unserem Geiste unter allen Umständen den Frieden.
Wenn wir vor Gott treten, wird er uns schon ein Wort in den Mund legen, das wir zum Preise seines Namens zu ihm reden können. Er wird uns einen Vers aus dem Gesang der Engel lehren, um ihm, unserem himmlischen Vater, zu danken. In jeder Tat unseres Lebens werden sich das Licht und die Liebe des in uns wohnenden Heilandes offenbaren. Äußere Schwierigkeiten können das Leben nicht stören, das wir durch den Glauben an den Sohn Gottes leben.

„Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden“
Die Heiden glaubten von ihren Gebeten, dass ihnen schon an sich Kraft zur Sündenvergebung innewohne. Je länger deshalb das Gebet, desto größer der Nutzen. Wenn sie aus eigener Kraft die Heiligung erlangen konnten, lag in ihnen selbst auch das, worüber sie sich freuen, worauf sie stolz sein konnten. Eine solche Ansicht über das Gebet beruht auf dem Gedanken der Selbsterlösung, in dem ja alle falschen Religionsanschauungen wurzeln. Die Pharisäer hatten die heidnische Weise zu beten angenommen, und bis heute noch wird diese Art des Gebets selbst bei den bekennenden Christen geübt (Gebetsketten in verschiedenen Religionen!). Wenn man feststehende, herkömmliche Redensarten gebraucht, ohne dass im Herzen die Sehnsucht nach Gott lebt, ist das nichts weiter als das „Plappern“ der Heiden.
Das Gebet selbst ist keine Sühnung der Sünde. Dem Gebet an sich wohnen keine Kraft und kein Verdienst inne. Alle schönen Worte, die uns zur Verfügung stehen, kommen nicht der heiligen Sehnsucht gleich. Die beredtesten Gebete sind eitles Geschwätz, wenn sie nicht das Empfinden des Herzens getreu zum Ausdruck bringen. Wenn jedoch ein Gebet aus ernster Überzeugung kommt, wenn in ihm das Verlangen der Seele schlicht seinen Ausdruck findet, wie wir einen irdischen Freund um ein Entgegenkommen bitten würden, wovon wir bestimmt Erfolg erwarten, so verhält es sich auch mit dem Gebet des Glaubens. Gott hat kein Verlangen nach förmlichen Ehrenbezeugungen. Dagegen findet das unausgesprochene Schreien des zerbrochenen und im Bewusstsein seiner Sünde und großen Schwachheit zerschlagenen Herzens den Weg zum Vater aller Barmherzigkeit.

„Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer sehen wie die Heuchler“
Das dem Worte Gottes entsprechende Fasten ist mehr als bloße Form. Es besteht nicht ausschließlich darin, sich des Essens zu enthalten, einen Sack anzuziehen und Asche aufs Haupt zu streuen. Wer aus Kummer über seine Sünde fastet, hat kein Verlangen danach, das zur Schau zu tragen.
Der Zweck des Fastens, das Gott von uns verlangt, besteht nicht darin, den Körper um der Sünde der Seele willen zu peinigen, sondern uns zu helfen, dass wir die Verwerflichkeit der Sünde erkennen, das Herz vor Gott demütigen und seine Vergebung und Gnade empfangen. Er gebot dem Volke Israel: „Zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider und bekehrt euch zu dem Herrn, eurem Gott!“ (Joel 2,13)
Es wird uns nichts nützen, Bußübungen anzustellen oder uns einzubilden, dass wir durch unsere eigenen Werke das Erbteil der Heiligen verdienen oder erkaufen können. Als Christus gefragt wurde: „Was sollen wir tun, dass wir Gottes Werke wirken?“ antwortete er: „Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubet, den er gesandt hat.“ (Johannes 6,28.29) Buße ist Abkehr vom Ich und Hinkehr zu Christus. Wenn wir Christus also in uns aufnehmen, dass er durch den Glauben sein Leben in uns lebt, werden gute Werke offenbar werden.
Jesus sagte: „Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, auf dass du nicht scheinest vor den Leuten mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, welcher im Verborgenen ist.“ Was zur Ehre Gottes getan wird, soll mit Freudigkeit und nicht mit Trauer oder Unlust geschehen. Die Religion Jesu ist nicht düsteren Wesens. Wenn Christen durch eine traurige äußere Erscheinung den Eindruck erwecken, dass sie von ihrem Herrn enttäuscht worden seien, geben sie von ihm ein ganz falsches Bild und liefern seinen Feinden Beweise aus. Wenn sie auch mit dem Munde Gott ihren Vater nennen mögen, vermitteln sie doch der Welt durch ihr trauriges, kummervolles Aussehen den Eindruck, als ob sie Waisen seien.
Christus will, dass der ihm geweihte Dienst, wie er es in Wirklichkeit auch ist, schön und anziehend sei. Mache deine Selbstverleugnung und deine inneren Schwierigkeiten mit deinem mitleidsvollen Heiland ab. Lege deine Lasten unterm Kreuze nieder und gehe deinen Weg mit Freuden in dessen Liebe, der dich zuerst geliebt hat. Mag sein, dass kein Mensch etwas von den Vorgängen ahnt, die sich ganz im stillen zwischen der Seele und Gott abspielen. Von dem Ergebnis des Werkes aber, das der Heilige Geist am Herzen ausgerichtet hat, werden sie alle erfahren; denn „der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten“

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